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Archiv-Artikel

AUTONOME UND BASISBEWEGTE AKZEPTIEREN PARLAMENTARISMUS Ganz links lobt links

Das hat es in dieser Form noch nicht gegeben: Autonome und andere Linksradikale nehmen positiven Bezug auf den Parlamentarismus. Auch wenn die Vertreter von Attac, Antifas und anderen linken, bewegungsorientierten Basisinitiativen nicht direkt zur Wahl der neuen Linkspartei aufrufen – sie haben Wahlprüfsteine formuliert wie sonst nur der DGB gegenüber der SPD. Der offene Brief der Linksradikalen an die Partei trägt die Namen von 111 Erstunterzeichnern, von denen ein Gutteil bisher dafür bekannt war, nicht nur einzelne Parteien zu bekämpfen, sondern den bürgerlichen Parlamentarismus an sich. Jetzt begrüßen sie die Entstehung einer neuen Linkspartei.

Und tatsächlich: Die Neuformierung einer parlamentarischen Linken birgt für Außerparlamentarier durchaus Chancen. Auch wenn sich die Mehrheit des hohen Hauses weiterhin nicht ernsthaft mit Forderungen wie der Einführung eines allgemeinen Existenzgelds oder Deutschlands Austritt aus der Nato befassen wird – es gibt eine Menge Politikfelder, bei denen sich sogar oppositionelle Abgeordnete vom linken Rand der Grünen und der SPD angesprochen fühlen werden. Die Themen sind gesetzt. Zugleich hat die außerparlamentarische Linke mit den Grünen genug Erfahrungen gesammelt, um nicht dieselben Fehler begehen zu wollen, die die Grünen bei ihrem Transformationsprozess ins Establishment begangen haben. Mehr als den Grünen in den 80er-Jahren wird sie „ihrem“ parlamentarischem Arm auf die Finger schauen. Und anders als bei den Grünen mit ihrem breiten bürgerlichen Spektrum würde eine ähnliche Entwicklung das Linksprojekt schnell wieder versenken. Das haben selbst Parlamentsgegner erkannt und ergreifen nun die Chance.

Parteien und soziale Bewegungen fußen auf unterschiedlichen Strategien. Ein Blick auf die enge Zusammenarbeit der außerparlamentarischen Linken im Ausland zeigt jedoch: Es geht auch miteinander. In Deutschland allerdings ist der größte Stolperstein schon gelegt: Lafontaines Fremdenfeindlichkeit hält die Euphorie deutlich in Grenzen. FELIX LEE