: Bücherspenden für die Miete
FLOHMARKT Im Centro Sociale kann man gegen einen Obolus nach literarischen Schätzen fürs heimische Regal suchen und dabei auch noch Gutes tun
Fahrräder, Handystecker, Möbel. Klamotten und Schuhe. Geschirr, Kram und eine eigentümliche Atmosphäre. Das findet man jeden Samstag auf dem Flohmarkt auf dem alten Schlachthofgelände an der Feldstraße. Mittendrin steht ab und an ein Aufsteller, der ins Centro Sociale lockt.
Seit 2008 gibt es diesen autonomen Nachbarschaftstreff, dann sind hier Bücherkisten aufgebaut – man kann schmökern ohne Ende und dann Bücher fürs heimische Regal mitnehmen – gegen eine Spende. Musik spielt, mal Südliches, mal Lucio Dalla. Die Bücherauswahliste durchaus bunt: Lenin, Marx und Mao finden sich genauso wie ein Pflanzenlexikon, Frenzels Daten Deutscher Dichtung sind zu haben und Christa Wolf. Simmel liegt da, Peter-Paul Zahl, ein Buch zur Gruppe 47, Lenz, Grass und Wallraff. Virginia Woolf gibt’s, ein Dresden-Erinnerungsbuch von Fritz Löffler, das nicht mehr gebrauchte Pharmakologie-Handbuch. Im kleinen Raum ist Reiseliteratur aufgebaut, es gibt eine Ecke mit Kinderbüchern.
„Ab und an ist es hier richtig voll“, sagt Kai Paetow, der am vergangenen Samstag mit einer Kollegin hinter dem Ladentisch gestanden hat. Jeder Besucher könne festlegen, was er für die Bücher zahlen wolle, „einige sind recht spendabel“. Literatur aus „dunkler deutscher Zeit“ werde nicht verkauft, allzu Freizügiges, Trivialliteratur haben die Centro-Betreiber ebenfalls schon aussortiert. „Man kann hier echte Schätze finden“, sagt Paetow.
Das Centro Sociale veranstaltet den Bücherbasar an jedem ersten Sonnabend im Monat, manchmal auch noch am dritten. „Ein Gutteil“ der Miete wird so finanziert. Draußen ist es inzwischen richtig voll geworden, das Wetter passt zum Flohmarktbesuch. Die Bratwürstchen werden gegessen, ein Händler bastelt an seinen Fahrrädern, die Stände reichen hinaus bis zum Bürgersteig und den Eingang zum U-Bahnhof auf der anderen Straßenseite.
Auch im Centro stöbern nun ein paar Frauen und Männer mehr in den Kisten, sie lassen sich richtig Zeit dabei. „Es war ein normaler Tag“, sagt Kai Paetow, als zusammengeräumt ist. So zwischen 500 und 600 Leute hätten sich umgeschaut; „wenn draußen nicht mehr so viel los ist, kann abgebaut werden“. FBT
Nächster Bücherflohmarkt im Centro Sociale: 4. August