: Küste zu Küste
Der US-Fernsehkanal „Logo“ ist ein gewöhnlicher Sender, mit Serien, Sport und Comedy im Programm. Ach ja, Homosexualität gehört auch dazu
AUS SAINT LOUIS CARLA PALM
Nach guten Spielfilmen muss man im US-amerikanischen Fernsehen lange suchen. Stattdessen laufen Comedy-, Krimi-, oder Reality-Serien. Blockbuster wie „Harry Potter“ oder „Drei Engel für Charly“ folgen mit großem Abstand, sonst überwiegen B-Movies. Die eigentlichen Perlen finden sich mit etwas Glück im Bezahlfernsehen oder bei der wachsenden Zahl spezialisierter Kabelsender. Seit zwei Wochen sendet nun auch Logo, ein digitaler 24-Stunden-Kanal für Schwule und Lesben. Ihm ist es zu verdanken, dass anspruchsvoller Stoff, wie etwa die deutsche Literaturverfilmung „Aimée & Jaguar“, nun auch im sonst so durchkommerzialisierten US-Fernsehen einen Platz findet.
Ausgerechnet der Medienriese Viacom, zu dem neben den Musiksendern MTV und VH1 auch das Network CBS gehören, steht hinter Logo. Dank seiner vielseitigen Infrastruktur beliefert Viacom seinen neuen Zögling mit Musik-Specials, einer täglichen Nachrichtensendung und trägt wohl auch zu dem eindrucksvollen Sender-Archiv bei. Über 200 Filme, die Geschichten von Schwulen und Lesben erzählen, warten dort auf ihre Ausstrahlung. Mit dabei: „Philadelphia“, „Ein Käfig voller Narren“ und „Kissing Jessica Stein“.
Sie gehören zum Startkapital von Logo, der sein Programm ansonsten wie jedes andere Vollprogramm mit Serien, Dokumentationen, Sport, Comedy und Reality-Shows füllt. Dafür entwickelte Programmdirektor Brian Graden erstaunlich viele Eigenformate, für die er geschätzte 16 Millionen Dollar in die Hand nahm.
Im Herbst wird Graden fünf neue Serien und Reality-Formate an den Start schicken, die alle auf das Zielpublikum zugeschnitten sind. „Noah’s Arc“, das im Programmtext wie „Sex and the City“ für Schwule klingt, handelt vom amourösen Leben eines bankrotten Drehbuchschreibers in Los Angeles und seinen drei Freunden. „First Comes Love“ erzählt von einem Hochzeitsplaner, der Partys für gleichgeschlechtliche Paare ausrichtet. In der Reihe „Momentum“ begleiten Kamerateams ungewöhnliche homosexuelle Lebenswege, etwa ein schwules Rugby-Team in Chicago, lesbische Surferinnen, schwule Latinos oder die Großmütter Ruthie und Connie, die im hohen Alter von 60 Jahren ihr Coming-out hatten.
Graden, auf dessen Konto die MTV-Erfolge „The Osbournes“, „Punk’d“ und „Jackass“ gehen, hofft, damit der Homosexuellen-Gemeinde in Amerika endlich ein Zuhause zu bieten: „Es gibt Sender nur fürs Kochen, Golfspielen und Basteln. Ein Kanal für Schwule und Lesben sollte da eigentlich drüber stehen.“
Trotzdem hatte Graden Schwierigkeiten, das neue Programm zu verkaufen. Weil sich nicht genügend Kabel- und Satellitenbetreiber fanden, die Logo mit in ihr Angebot nehmen wollten, musste Graden den Start um vier Monate verschieben. Auch Werbekunden gingen nur zögerlich auf den Sender und seine bunte, aber dafür kaufkräftige Zielgruppe ein.
Vorerst ist Logo nur in rund 10 Millionen Haushalten der großen Metropolen an der Ost- und Westküste zu empfangen. Damit sich daran etwas ändert, fordert der Sender auf seiner Webseite logoonline.com seine Fan-Gemeinde dazu auf, mit E-Mails landesweit bei den Kabelanbietern Druck zu machen. Wenn genügend Unterschriften beisammen sind, so der hoffnungsfrohe Werbetext, wird Logo vielleicht auch bald in braven Kleinstädten und ländlichen Gegenden zu sehen sein.