„Wir kämpfen um jede Flasche“

Inbev wächst wie niemand sonst, schließlich schießt Beck’s auch die meisten Tore. Trotz des neuen Logos über der Neustadt solle sich Bremen über seinen „gigantischen Partner“ freuen, findet Bürgermeister Scherf. 6,7 Millionen Hektoliter stützen seine These – die Globalisierungsverlierer wohnen woanders

Bremen/ die ganze Welt taz ■ Drei plus fünf macht eins. Zumindest, wenn viel Alkohol im Spiel ist. Vergangenes Jahr waren es sogar 205 Millionen Hektoliter Bier, der gemeinsame Jahresausstoß der belgischen Interbrew und der brasilianischen Ambev. Als fusionierte Inbev schoben sie sich damit auf Platz eins der Brauerweltrangliste. Die lokale Nachricht: In den Malztürmen der früheren Beck’s AG entstehen davon derzeit 6,7 Millionen Hektoliter, 1,7 mehr als vor dem Verkauf von Beck’s an die Belgier.

Beck’s ist jetzt zwar nur noch eine unter 200 Inbev-Marken in 140 Ländern, aber eine besonders starke: der Torjäger unter den 16 deutschen Marken, wie eine Unternehmens-Grafik sinnfällig suggeriert. Als Tor- (oder Laden-?) hüter fungiert dabei „Mauritius“ aus Zwickau, Gilde muss sich mit dem Posten des linken Libero begnügen.

Ob den Hannoveranern, die seit anderthalb Jahren zum Weltkonzern gehören, die selbe Grafik gezeigt wird? Jedenfalls gibt es auch in Bremen „Abschiedsschmerzen“, wie Bürgermeister Henning Scherf feststellt. Anlässlich der Neueinweihung des alten Beck’s-Verwaltungsturms, an dem nun das Inbev-Logo prangt, kam er mit Alain Beyens zusammen, seines Zeichens „President InBev Deutschland/Italien/Spanien. Scherf: „Ich musste lernen: Die wichtigsten Partner sind international. Und Sie sind ein gigantischer Partner, der uns kräftig Rückenwind geben wird.“

Inbev ist trotz weltweit sinkender Bierkonsumzahlen auf Wachstumskurs, im ersten Halbjahr 2005 waren es 11,6 Prozent. Im Sommer 2001 begann mit der Übernahme von Diebels und Beck’s der Einstieg in den deutschen Markt. Über Hasseröder, Gilde und etliche andere ging es weiter „zum heiß ersehnten Weißbier“, dem „Franziskaner“, das zusammen mit der gesamten Münchener Löwenbräu/Spaten-Gruppe eingekauft wurde. Dabei hatte der Boss der Bierbosse, der Inbev-Vorstandsvorsitzende John Brock, kurz zuvor erklärt: „Das Geschäft in Deutschland ist nur halb so profitabel wie im übrigen Westeuropa.“

Offenbar aber doch ertragreich genug, um im Herbst vergangenen Jahres die Übernahme der brasilianischen Ambev AG für 11,2 Milliarden Dollar zu ermöglichen.

Mittlerweile werden alle deutschen Marken von Bremen aus verwaltet. Wie kommt die Stadt zu diesem Globalisierungsglück? Beyens sagt, er wisse die Überschaubarkeit des hiesigen Flughafens mit seinen kurzen Abfertigungszeiten zu schätzen, selbstverständlich auch die „hervorragenden Mitarbeiter“. Trotzdem sollen 49 von ihnen entlassen werden, meldete der Betriebsrat – wie passt das zusammen? Es handele sich um außerplanmäßig Beschäftigte, erklärt Jörg Schillinger, Director of Corporate Affairs, die wegen der Einführung des Dosenpfandes eingestellt worden waren. Im übrigen sei die Bremer Belegschaft seit der Übernahme um 300 auf 1.700 angewachsen.

Der Bremer Marketing-Chef Andreas Hilger betont nichtsdestotrotz: „Wir müssen um jeden Tag und jede Flasche kämpfen.“ Mit immer neuen Produkten. Im vergangenen Jahr kam auf drei grüne Flaschen schon eine goldene. Und das Zitronenbier? Das gerade eingeführte Beck’s Green Lemon gilt als „Wahnsinnserfolg“, Konkreteres wird nicht gesagt. Schließlich ist man derzeit in der „silent period“, will heißen: Für 2005 werden offiziell noch keine Zahlen genannt.

Hauptsache, die Sache mit dem „p.o.c.“ stimmt – dem point of contact. Zu deutsch: Das Supermarktregal, wo der Kunde „magisch auf unsere Marken zugehen muss“, wie Hilger erklärt. Wie auch in der Gastronomie – „dort müssen wir ihn packen.“ Helfen sollen bunt leuchtende Zapfhähne und ein edelstählernes Zapfssystem für den Heimbedarf. Gleichzeitig will sich Inbev „weiter für den Jugendschutz“ engagieren. Entgegen anders lautender Meldungen soll auch die „Alexander v. Humboldt“ weiterhin unter grüner Takelage segeln, lediglich der Freibierkonsum der Mannschaft sei eingeschränkt worden.

Nun aber zur „Mission“ beziehungsweise „Vision“ des Unternehmens. Sie lautet (mit Potential zum Eigentor): „Vom Größten zum Besten.“ Wer ist denn der Beste, wenn nicht Inbev? „Das ist unterschiedlich“, erklärt Beyens. Die Inbev-Produkte seien noch nicht „für jeden und überall“ das Beste – was ja auch eine hundertprozentige Marktbeherrschung bedeuten würde. Inbev bleibt also bescheiden. Schließlich reichen auch 13 Prozent Weltmarktanteil für Platz eins.

Henning Bleyl