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Tennis Borussia zieht weiter gen Westen

Team der Woche: Über 50 Jahre kickten die Spieler von Tennis Borussia Berlin im Mommsenstadion. Doch beim Bezirksamt Charlottenburg fühlt sich der Verein nicht mehr willkommen. Nun wird ein Umzug geplant – nach Spandau

Die Veilchen suchen ein neues Beet zum Aufblühen. „Wir haben in Charlottenburg keine Perspektive“, klagt Willy Kausch, Aufsichtsrat der Tennis-Borussen, die wegen ihrer lila Vereinsfarbe im Fußball-Volksmund „die Veilchen“ heißen. Schon in der Vorbereitung auf die neue Oberliga-Saison sind die Borussen ins Stadion Hakenfelde nach Spandau ausgewichen – notgedrungen, denn das Sportamt Charlottenburg-Wilmersdorf hat alle Naturrasenplätze in der TeBe-Heimat am Mommsenstadion zwecks Aufforstung gesperrt. Parallel dazu, berichtet TeBe-Vorstand Peter Antony, sei dem Verein eine Rechnung der Behörde in die Geschäftsstelle geflattert, wonach die Miete für die Räume für ein Jahr im Voraus zu bezahlen sei. „Man bekommt den Eindruck, man will uns hier nicht mehr“, erklärt Antony.

Der Bruch scheint endgültig. Antony ist nicht länger gewillt, sich dem als sportfern verschrienen Amtsschimmel in Charlottenburg zu unterwerfen. „Wenn in Magdeburg dunkle Wolken aufziehen, wird im Mommsenstadion sofort der Rasen gesperrt“, heißt es in der Kicker-Szene. In der Behörde mokiert man sich über Antonys Auftreten, dessen diplomatisches Geschick als stark ausbaufähig beschrieben wird. Jetzt hat die Vereinsführung Konsequenzen angekündigt und einen Antrag an das Bezirksamt Spandau verfasst – zwecks dauerhafter Übersiedlung in die Havelstadt. „Es haben alle Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder unterschrieben“, betont Antony.

Sollten sich die Veilchen tatsächlich zur Spielzeit 2006/2007 umpflanzen, würde sich ein über fünfzigjähriges Kapitel in der Vereinsgeschichte schließen. Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg war Borussia, das einst von 12 Sportfans am Hackeschen Markt gegründet wurde, vom Poststadion in Moabit ins Mommsenstadion umgesiedelt. Bis zum Ende der Weimarer Republik spielten die Veilchen im Stadion Mitte, die Jugendabteilung übte in Pankow. Bald heißt es wohl wieder: Aufsitzen, liebe Borussen, wir ziehen weiter westwärts!

In Spandau liebäugeln die zum Auswandern entschlossenen Charlottenburger mit dem Helmut-Schleusener-Stadion am Askanierring als neuem Standort, nachdem auch der Jahnsportpark in Mitte sowie eine Rückkehr ins Poststadion diskutiert wurde. Am Askanierring verbrachte der Spandauer SV vor 30 Jahren ein sportlich gesehen unglückliches Jahr in der 2. Bundesliga. In der Sportstätte spielen zurzeit die Spandau Bulldocks American Football.

An der Havel rufen die Umzugspläne des früheren Bundesliga-Clubs Entzücken und Verwunderung hervor. „TeBe wäre für uns ein Aushängeschild. Für die Spandauer Talente wäre das hervorragend. Dann müssten sie nicht mehr nach Berlin wechseln“, frohlockt Spandaus Sportstadtrat Gerhard Hanke.

„Spandau wäre keine Übergangslösung“, versichert Antony, „wir würden komplett umziehen mit allen 700 Aktiven, inklusive der Jugendabteilung. Selbst wenn wir eines Tages aufsteigen sollten, würden wir in Spandau bleiben.“

Worte, die man an der Havel gern hört. Leider bietet das Schleusener-Stadion in der Fußball-Diaspora Spandau nicht den geforderten Standard für höherklassige Aufgaben – die derzeit besten Vereine des Bezirks agieren in der Berliner Stadtliga. Aber, so signalisiert Hanke, über eine Modernisierung ließe sich reden, wenn die Veilchen an der Havel in neuer Pracht aufblühen sollten. JÜRGEN SCHULZ

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