: Miteinander auf Erfolgskurs
KUNSTMESSE Gestern ist das Berliner Art Forum neu gestartet. Zum veränderten Konzept gehört die Kooperation mit der zeitgleich stattfindenden ABC-Show
Gestern startete das 14. Art Forum Berlin nach der Terminverschiebung im letzten Jahr nun wieder zu Beginn des europäischen Kunstmessenherbstes. Anfang des Jahres übernahmen Eva-Maria Häusler und Peter Vetsch als neue Doppelspitze die Leitung der Berliner Kunstmesse von Sabrina van der Ley. Ihre beiden Nachfolger hatten als vorzügliches Presseteam für die Kunstmesse Art Basel auf sich aufmerksam, ihre Premiere wird daher gespannt erwartet. Radikal verändert haben die neuen Kodirektoren das Art Forum nicht, anders wird trotzdem einiges sein.
Die maßgebliche Neuerung: Es werden nun auch solche Galerien zugelassen, die mit Kunst der Sechzigerjahre handeln. Nicht länger legt man den Schwerpunkt auf junge, aktuelle Kunst, sondern bindet das Zeitgenössische kunsthistorisch mit ein. Offensichtlich soll die Messe damit ein neues Sammlerpublikum ansprechen, auch wenn davon explizit nicht die Rede ist. Ein umfangreiches VIP-Programm gibt es für die Sammler weiterhin, mit der fragwürdigen Praxis der gesponserten Hotelübernachtungen wird allerdings aufgeräumt.
Neu ist auch die Vergabe eines Standes an eine Nonprofitorganisation. In diesem Jahr wurde das Londoner Studio Voltaire ausgewählt, das sich seit 1994 mit verschiedenen Förderprogrammen für junge Künstler einen Namen gemacht hat. Der Hauptakzent liegt aber ganz klar auf dem Kerngeschäft des Kunstverkaufs, so wird es keine kuratierte Sonderausstellung mehr geben.
Doch im Grunde litt diese schon immer am fragwürdigen Spagat zwischen kommerziellen Interessen und einer unabhängigen Kuration und dürfte nicht sonderlich vermisst werden. In der neuen Sektion „Plein Air“ werden dafür zehn Außenraumprojekte jenseits der Messekojen im Sommergarten hinter dem Palais am Funkturm präsentiert.
Berliner mit von der Partie
Neben diesen Akzentverschiebungen dürfte vor allem eins die diesjährige Ausgabe in neuem Gewand erscheinen lassen: Unter den ausgewählten 130 Galerien, für die sich das neue „Selection Committee“ entschieden hat – es besteht aus Bärbel Grässlin (Galerie Bärbel Grässlin, Frankfurt), José Freire (team gallery, New York), Nicky Verber (Herald St, London), Paolo Zani (Zero, Mailand), Mehdi Chouakri (Galerie Mehdi Chouakri, Berlin) und Georg Kargl (Georg Kargl Fine Arts, Wien) –, sind auch genau jene führenden Berliner Galerien mit von der Partie, die dem Art Forum Berlin in den letzten Jahren seine Relevanz abgesprochen hatten.
Max Hetzler, Neugerriemschneider oder Esther Schipper, die sich unter anderem wieder auf der Messe eingefunden haben, sind immerhin auch die Hauptorganisatoren der diesjährigen zweiten Ausgabe von „ABC – Art Berlin Contemporary“. Die 2003 abgesprungenen Berliner Galeristen, die seit 2005 ihr eigenes „Gallery Weekend“ organisieren, riefen im letzen Jahr mit „ABC“ eine Leistungsschau zum geplatzten Septembertermin der Kunstmesse ins Leben, die letztlich mit zu van der Leys Abgang führte. Dieses Jahr scheint es für sie hingegen kein Entweder-oder mehr zu geben, nun findet ihre Initiative zeitgleich zur Messe statt.
Gegenseitige Kontrolle
Seitdem sich am Vorabend der Eröffnung des Art Forum Berlins in der Akademie der Künste zur „Opening Reception“ getroffen wurde – also genau an jenem Ort, an dem am selben Abend nur zwei Stunden später die zweite Ausgabe der „ABC“ offiziell eröffnet wurde –, ist die neue Synergie unschwer zu übersehen. Zwar wird auch jetzt noch gemunkelt, dass man sich mit dem Zusammengang womöglich unterschwellig zu kontrollieren versuche, offiziell wurden die Kräfte aber gebündelt. Die Eintrittskarte der Messe ist für beide Veranstaltungen gültig, und einen Shuttle-Service gibt es auch.
Die Macher von „ABC“ klagen diesmal nicht mehr über die Finanzkrise, sie reden lieber von Aufbruchstimmung und verstehen sich weiterhin als Vorreiter des Neuen. Es gebe so viele Neugründungen wie in sonst keiner Branche; die Möglichkeit, dass so viele Künstler in Berlin leben, würde professionell genutzt und könne gerade mit einer Veranstaltung wie „ABC“ sinnvoll vermittelt werden. Auch sei man keine Alternative zum Art Forum, sondern ein zusätzliches Angebot an die Stadt. Die Frage nach der Rückkehr zum Art Forum Berlin beschäftigt zwar die Presse, Max Hetzler oder Esther Schipper sehen sie hingegen einfach als selbstverständlich an.
Es scheint ein neues Wohlwollen eingekehrt zu sein, trotzdem sind die Erwartungen an das Direktorengespann groß. Ob es ihnen gelingt, die Messe eine Spur nach oben zu befördern, wird sich zeigen. Bereits jetzt mag das neue Miteinander dabei Erfolg versprechen.
JULIA GWENDOLYN SCHNEIDER
■ Art Forum Berlin, 24. bis 27. 9., Palais am Funkturm, Messegelände Berlin, www.art-forum-berlin.de ■ ABC, 23. bis 27.9., Akademie der Künste Berlin, www.artberlincontemporary.com