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Archiv-Artikel

die kurdische PKK will sich in die Wahrnehmung zurückbomben Ankara auf dem Weg in die Terrorfalle

Die Bombe in Kusadasi weckt fatale Erinnerungen. Schon einmal, 1993 und 1994, explodierten Handgranaten und Bomben in Urlaubszentren. Sie verletzten Dutzende von Menschen und schädigten den wichtigsten türkischen Devisenbringer nachhaltig: den Tourismus. Damals war der Krieg der kurdischen Arbeiterpartei PKK für ein unabhängiges Kurdistan auf seinem Höhepunkt. Ein militärischer Erfolg der Rebellen schien möglich.

Heute ist zwar der Terror zurück, aber sonst ist alles anders. Die PKK hat den Krieg längst verloren, die türkische Regierung hat die kulturellen Rechte der kurdischen Minderheit akzeptiert, und die Überreste der PKK stehen mit dem Rücken zur Wand.

Weil die Zeit an ihnen vorbeizugehen droht und Ankara sich weigert, die in den Nordirak geflüchteten PKK-Kader zu begnadigen, haben diese ihren Kampf wieder aufgenommen. Nicht für die Befreiung eines imaginierten Volkes, sondern einfach gegen das Vergessen. Im Windschatten des internationalen islamistischen Terrors will die PKK sich auf die politische Agenda zurückbomben.

Unglücklicherweise ist der türkische Staat bedrohlich nahe daran, in diese Terrorfalle hineinzustolpern. Statt konsequent zu versuchen, die PKK zu isolieren und mit den lokalen kurdischen Politikern zusammenzuarbeiten, sind Militär und Polizei bereits wieder dabei, die kurdische Bevölkerung unter Generalverdacht zu stellen. Überall werden Kontrollposten und Straßensperren errichtet, die Armee verlegt erneut Kontingente in den Osten des Landes. Schon wird über einen Einmarsch im Nordirak gesprochen. Not täte dagegen eine verstärkte wirtschaftliche Unterstützung für die kurdische Bevölkerung und eine ökonomische Entwicklung des Südostens.

Hier liegt auch die Chance für die EU, dämpfend in den Konflikt einzugreifen. Unterstützung für Infrastrukturprojekte und die Rückkehr kurdischer Bauern in ihre Dörfer, aus denen sie in den 90er-Jahren vertrieben wurden, helfen die Normalisierung im Osten fortzusetzen. Eine klare Delegitimierung der PKK Anschläge durch die EU würde im Übrigen in der Türkei die zivile Politik gegenüber dem Militär stärken. JÜRGEN GOTTSCHLICH