: Heftige Kämpfe in Damaskus
SYRIEN Mehrere Viertel der Hauptstadt werden zum Schauplatz bewaffneter Auseinandersetzungen. „Das ist ein richtiger Krieg, was da abläuft“, sagt ein Bewohner
HOUSSAM, STUDENT AUS DAMASKUS
BEIRUT/BERLIN rtr/afp/dapd/taz | Erstmals seit Beginn des Aufstands gegen das Regime von Baschar al-Assad vor 17 Monaten sind am Montag gepanzerte Fahrzeuge und Schützenpanzer nahe dem Zentrum von Damaskus aufgefahren. Augenzeugen zufolge kam es im Stadtbezirk Midan zu heftigen Gefechten zwischen der Armee und Rebellen. Auf den Dächern bezogen Scharfschützen Position. Einwohner sprachen von den heftigsten Kämpfen in der Hauptstadt seit Beginn der gewaltsamen Auseinandersetzungen. Die Kämpfe hatten am Sonntagabend begonnen.
In den Straßen mehrerer Stadtteile waren der Gefechtslärm schwerer Waffen und Explosionen zu hören. Die Regierungstruppen schlossen nach Darstellung von Augenzeugen die Straße zum Flughafen. Über Opfer der Kämpfe gab es zunächst keine Informationen. Die meisten Berichte aus dem Kampfgebiet stammen von Aktivisten der Opposition und Einwohnern. Journalisten haben offiziell keinen Zugang.
„Die Sicherheitskräfte sind in das Wohngebiet eingerückt, das ist ein richtiger Krieg, was da abläuft“, sagte ein Bewohner Midans. Auf einem Internetvideo, das aus dem Stadtbezirk stammen soll, sind Schüsse schwerer Maschinengewehre zu hören. Bewohner sollen Straßen mit Barrikaden blockiert haben, um den Truppen den Weg nach Midan zu erschweren, wo vor allem Sunniten leben. Der in Syrien lebende Aktivist Mustafa Osso sagte, es scheine sich um eine neue Strategie der Rebellen zu handeln. „Die Hauptstadt war immer sicher. Dies wird das Regime beunruhigen.“
Anders als Teile der syrischen Provinz war Damaskus bisher fest in der Hand der Truppen von Assad. Die Lokalen Koordinationskomitees berichteten auch von Kämpfen in der näheren Umgebung von Damaskus.
Der Student Houssam, der mit Freunden zusammen professionelle Partys veranstaltet, hatte angesichts der relativen Ruhe in der Hauptstadt just für den Sonntag ein Fest für 300 Leute auf dem Uni-Campus des Instituts für Unternehmensverwaltung geplant, der auf dem Kassiun-Berg oberhalb der stickigen Stadt liegt. „Wir konnten während der Party drei Explosionen hören“, sagte Houssam der taz. „Wir kamen uns vor wie in den Geschichten, die man aus den 70er Jahren über den Libanon hört – Party, wenn die Bomben fallen. Es kommt uns absurd vor, dass das in unserem Land jetzt auch so sein soll.“ Tagsüber, fügt er hinzu, könne man noch in die Stadt gehen, doch abends sei es besser, zu Hause zu bleiben. „Man weiß schließlich nicht, wer kämpft, wer auf wessen Seite und gegen wen kämpft.“ Aber die Party sei notwendig gewesen, denn „wir leben hier seit Monaten in nervöser Unruhe, und so ein Ventil, das war echt mal nötig“.
Die regierungsnahe Zeitung Al Watan titelte am Montag mit Blick auf die Opposition: „Damaskus werdet ihr nie bekommen“. Sicherheitskräfte seien mit Unterstützung der Armee seit 48 Stunden im Einsatz, um die „terroristischen Banden“ zu bekämpfen. JAZ, B.S.