: Hüttenwerke stehen auf heimischen Koks
Krupp-Mannesmann will die Kokerei Huckingen erweitern. Das Vorhaben ist landesweit einmalig. Anwohner können die Pläne derzeit einsehen
VON HOLGER PAULER
Heimischer Koks wird in Zukunft wichtiger. Die Hüttenwerke Krupp-Mannesmann (HKM) wollen deshalb die Kapazität ihrer Kokerei im Duisburger Stadtteil Huckingen erweitern, um Koks für die eigene Stahlproduktion herzustellen. Statt momentan 1,08 Millionen Tonnen sollen nach einer Erweiterung 2,3 Millionen Tonnen pro Jahr hergestellt werden. „Unsere Kapazität reicht für den Eigenbedarf nicht aus“, sagte Peter Buchholz von HKM. „Wir müssen uns Koks von außerhalb besorgen.“ Angesichts der hohen Weltmarktpreise für Koks könnten durch den Neubau erhebliche Kosten eingespart werden. „Einen Teil des Koks‘ könnten wir abgeben“, sagte Buchholz. Erster Abnehmer wären die ThyssenKrupp-Stahlwerke im Duisburger Norden.
Momentan liegen die Unterlagen zu Erweiterung der Kokerei öffentlich bei der Bezirksregierung Düsseldorf sowie in den betroffenen Gemeinden aus. Anwohner haben bis zum 15. August die Möglichkeit, Einblick in die Pläne zu nehmen. Anschließend gibt es eine zweiwöchige Frist, in der eventuelle Einwände eingebracht werden können. „Einwände wird es immer geben“, sagte Peter Buchholz, „die Immissionen werden sich aber im gesetzlichen Rahmen bewegen.“ Dies sei bei bedacht worden.
Grundsätzlich sei man mit der Informationspolitik der Hüttenwerke einverstanden, heißt es aus dem Duisburger Umweltforum. Die Umweltschützer hatten angemahnt, die Kokerei mit einer energiesparenden Koks-Trockenkühlung auszustatten. HKM bevorzugt jedoch eine Nasslöschung. „Dadurch werden Energiemengen nutzlos in die Atmosphäre abgegeben“, kritisiert das Umweltforum. Zudem bereite auch der Feinstaub Probleme. An den Mess-Stationen in den Stadtteilen Angerhausen und Hüttenheim war die von der EU vorgegebene zulässige jährliche Anzahl von 35 Überschreitungen der EU-Feinstaubgrenze bereits Ende Mai erreicht worden.
Die Kosten für die Erweiterung und Modernisierung der Anlage sollen bei etwa 275 Millionen Euro liegen. Bereits bei dem Bau der Kokerei Anfang der 80er Jahre war eine höhere Kapazität geplant gewesen. Damals sei der Weltmarktpreis allerdings noch um einiges niedriger gewesen. „Import war kein großes Problem“, so Buchholz.
Aktuell arbeiten in der HKM-Hütte in Huckingen gut 3.200 Beschäftigte. Die Erweiterung der Anlage wurde akut, nachdem sich der Essener RAG-Konzern im Frühjahr dieses Jahres dazu entschlossen hatte, von der Erweiterung der Kokerei Prosper-Haniel in Bottrop abzusehen. Es hatten sich nicht genügend private Investoren für das Projekt gefunden.
„Kokereien können im Energieverbund mit den Hochöfen eines Hüttenwerkes günstiger produzieren als selbstständige Kokereien. Der Preis liegt hier um mindestens 20 Euro pro Tonne niedriger“, sagte Manuel Frondel, Leiter des Kompetenzbereichs Umwelt und Ressourcen beim Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung (RWI), in Essen. Die RAG hatte für die Kokerei Prosper mit rund 190 Euro pro Tonne gerechnet. Der Weltmarktpreis für Koks liegt derzeit bei 250 US Dollar, umgerechnet etwa 200 Euro.
„Die Weltmarktpreise werden ihr aktuelles Niveau nicht halten können. Der „Spotpreis“ von 450 Euro pro Tonne aus dem vergangenen Jahr wurde nur bezahlt, wenn Unternehmen kurzfristig ihren Bestand aufstocken mussten“, sagte Manuel Frondel. In der Regel gebe es Verträge mit einjähriger Laufzeit. In diesem seien die Preise wesentlich niedriger.
Inwieweit der Neubau oder die Erweiterung von Kokereien außerhalb bestehender Hüttenwerke überhaupt sinnvoll ist, bleibt abzuwarten. Auch hier gibt es mächtige ausländische Konkurrenz. „In China und auch in Polen, wo kürzlich zwei Kokereien entstanden, wird Koks günstiger hergestellt als in Deutschland“, sagte Frondel.
Koks wird zur Herstellung von Stahl gebraucht. Ob der aktuelle Bedarf auch anhalten wird, ist unsicher. „2004 und wohl auch 2005 sind für die Stahlbranche sehr gute Jahre, mittelfristig wird sich das Produktionswachstum wieder abschwächen“, so Frondel.