: Junge Linke klagen gegen Jusos, Julis & Co.
Ohne Partei keine Staatsknete: Die Nachwuchsorganisationen von SPD, CDU, FDP und Grünen wollen der Konkurrenz der unabhängigen Jungdemokraten den Geldhahn abdrehen. Heute Prozessbeginn vor dem Düsseldorfer Landgericht
DÜSSELDORF taz ■ Trotz massiver Proteste bleiben Junge Union und Jungsozialisten, Junge Liberale und Grüne Jugend stur. Die Nachwuchsorganisationen von CDU und SPD, FDP und Grünen wollen der parteipolitisch unabhängigen Konkurrenz der JungdemokratInnen/Junge Linke NRW den Geldhahn zudrehen. „Illegale Bereicherung“ sei das, finden die JungdemokratInnen – und sehen in einer Klage das letzte Mittel gegen die ganz große Koalition. Der Prozess vor dem Düsseldorfer Landgericht beginnt heute.
Bisher profitierten auch die JungdemokratInnen von Mitteln aus dem Landesjugendplan NRW, mit dem das Land die politische Bildungsarbeit mit jährlich rund einer Million Euro unterstützt. Dabei fließt das Geld zunächst an den Ring politischer Jugend (RPJ), in dem sich die vier Partei-Nachwuchsorganisationen und die JungdemokratInnen zusammengeschlossen hatten – und wurde dann nach einem festen Schlüssel aufgeteilt: Die Jusos in der SPD erhielten 45, die Junge Union 31 Prozent. Die Jungen Liberalen waren mit 10, die grüne Jugend mit 4,4 Prozent dabei. Für die JungdemokratInnen blieben 8,1 Prozent. Kriterien für die entscheidende RPJ-Mitgliedschaft waren bisher eine im Land- oder Bundestag vertretene Mutterpartei – oder Größe: Politische Jugendorganisationen, die mehr als 1.500 Mitglieder haben, waren im RPJ vertreten.
Doch aus dem „oder“ haben die vier Parteijugendorganisationen gegen die Stimmen der JungdemokratInnen ein „und“ gemacht – aus dem Ring politischer Jugend soll eine parteipolitische Jugend werden. „Für eine solche Satzungsänderung reichen leider 75 Prozent der Stimmen“, sagt Torsten Schulte, Prozessbevollmächtigter der JungdemokratInnen. Die Folge: Die traditionsreichen JungdemokratInnen, die sich 1982 aus Protest gegen den Bruch der sozialliberalen Koalition von der FDP trennten, wären von jeder Förderung des Landes abgeschnitten. „Wir fänden es äußerst beschämend, wenn die parteipolitischen Jugendorganisationen moralisch tatsächlich schon so tief gesunken sind, dass sie sich mit einer solchen Konkurrenz nicht mehr politisch auseinander setzen wollen“, mahnten über 70 ehemaligen JungdemokratInnen Anfang Juni noch einmal – darunter auch der ehemalige Vorsitzende der grünen Landtagsfraktion, Roland Appel.
Für den heutigen Prozess rechnen sich die JungdemokratInnen gute Chancen aus: Der Rauswurf aus dem RPJ sei mit nichts zu begründen. Sowohl der Landesjugendplan wie die gesetzlichen Bestimmungen zur Parteienfinanzierung untersagten den Einsatz der RPJ-Mittel für parteipolitische Zwecke. Förderungswürdig sei allein die politische Jugendbildungsarbeit – und die leisten die JungdemokratInnen mit Camps, Workshops und Seminaren seit Jahrzehnten. Beanstandungen durch das Ministerium oder das Landesjugendamt gab es nie – wohl aber viele Talente, die von den JungdemokratInnen politisiert wurden. Zu den ehemaligen Mitgliedern gehören nicht nur die Altliberalen Gerhart Baum und Burkhard Hirsch, sondern auch EU-Kommissar Günter Verheugen (SPD), die Grünen-Chefin Claudia Roth und Jürgen Reents, heute Chefredakteur des Neuen Deutschland.
ANDREAS WYPUTTA