: Kein Kalkbergwerk
Mitglieder und Themen der Akademie der Wissenschaften benannt. Gründungskommission fordert mehr Geld
Der Senat verspricht sich von ihr mehr wissenschaftliche Kompetenz und Reputation für die Hansestadt: die im Winter von der Bürgerschaft beschlossene Hamburger Akademie der Wissenschaften. Jetzt nimmt das Prestige-Projekt Form an: Der Staatsrat der Wissenschaftsbehörde, Roland Salchow, und der Vorsitzende der Gründungskommission, Wilhelm Krull von der VW-Stiftung, stellten gestern die ersten 30 Mitglieder und die Themen für den Anfang vor. Im Oktober sollen die Forscher mit der Arbeit beginnen.
Die Akademie, für die laut Salchow der Senat „ein sichtbares Domizil“ in der City sucht, soll fachübergreifende Projektforschung machen – „mit positiven Auswirkungen“, so der Staatsrat, auf Unis und wissenschaftliche Institutionen. Die Ergebnisse würden durch Diskussionen und Foren einem breiten Publikum vermittelt. Als Mitglieder werden bis zu 80 Forscher aus Norddeutschland für zehn Jahre ernannt. Auswahlkriterien seien laut Krull etwa internationales Ansehen und „aktive Berufstätigkeit“. Damit würde „ein Kalkbergwerk“ vermieden, „wie es manche andere Akademie ist“. Auch Salchow betonte: „Die Berufung ist keine dekorative Ehre, sondern verlangt echte Arbeit.“
In Deutschland gibt es acht Akademien der Wissenschaften. Einige sind sehr alt und mehr Gelehrtengesellschaften als Arbeitsorte. In Hamburg kommen die ersten Themen aus den Feldern Erdsystemforschung, Nanotechnologie, Kosmologie und Kulturwissenschaften. Konkret nannte Krull „globale Umweltveränderungen und Migrationsprozesse“, die „dunkle Materie“ im All sowie die Kulturregion Norddeutschland. Auch werde ein multimediales Lexikon zur Gebärdensprache entwickelt und die Edition der Schriften Aby Warburgs vollendet.
Die Kommission hat sieben Frauen und 23 Männer als erste Mitglieder berufen, zwei Drittel aus Hamburg. Die meisten sind Naturwissenschaftler, nur acht kommen aus den Geisteswissenschaften. Als nächstes sollen sie ein Kolleg für den Nachwuchs aufbauen. Von diesen „Fellows“ verspricht sich der Senat Unterstützung für die vielbeschäftigen Forscher bei den Projekten.
Die jährlichen Kosten für die „Grundausstattung“ der Akademie bezifferte Salchow auf knapp 500.000 Euro. Die wissenschaftliche Mitarbeit werde nicht bezahlt, die Projektarbeit müsse über Drittmittel finanziert werden. Wohnraum für die Fellows werde ein Mäzenen-Paar zur Verfügung stellen, das auch die Akademie-Kosten für die ersten drei Jahre übernehme.
Die Kommission hält die Mittel indes für zu gering. Sie appelliert an den Senat, die Spende zu ergänzen und ab 2007 mindestens 2,5 Millionen Euro beizusteuern. Sonst könne die avisierte Aufgabe nicht mit der „notwendigen Professionalität“ angegangen werden. Eva Weikert