sieben sachen
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Hört Frederic Leightons „Flaming June“ auch Töne? Foto: Wikimedia

Sinfonie für die geraubte Zeit

Früher wurden Wiegenlieder gesungen, heute werden Einschlafplaylisten gehört. Dass wir kaum mehr entspannen können, hat auch mit dem Informationsmüdigkeitssyndrom zu tun, das durch ein Übermaß an Informationen ausgelöst wird. Max Richter hat deshalb das achtstündige Epos „Sleep“ komponiert, eine Sinfonie gegen die Schnelllebigkeit des digitalen Alltags. Schlaf, so Richter, sei „die kompromisslose Unterbrechung der uns vom Kapitalismus geraubten Zeit“. Das Feature „Schlaf und Traum in der Musik“ von Raphael Smarzoch läuft am Sonntag im Deutschlandfunk.

Dream Sounds: Deutschlandfunk (97,7 Mhz), 3. 1., 20.05 Uhr

Mit Schweinskopf gegen „pigs“: Demo für die „Mangrove Nine“ Foto: Wikimedia

Black London 68 als Serie

„The Mangrove“ war Ende der 1960er Jahre ein Treffpunkt der Schwarzen Community in Notting Hill, London. Weil die Polizei das Restaurant häufig schikanierte, kam es bei einer Demo zu Gewalt. Doch beim Prozess wurden alle Angeklagten („Mangrove Nine“) am Ende freigesprochen – ein erster Erfolg gegen rassistische Gewalt der Londoner Polizei. Regisseur Steve Mc Queen („12 Years a Slave“) hat den Fall zur ersten Folge seiner in Großbritannien gefeierten Mini-Serie über die Geschichte der Afrobriten in London gemacht – mit feinstem Rootsreggae und Lovers Rock.

Small Axe: 5teilige Serie, Stream: Amazon Prime 13,49 €

Macht sich Gedanken dazu, woher die Wut auf Arme kommt: Sarah Speck Foto: Sven Ehlers

„Eure Armut kotzt uns an“

Es ist schon erschreckend – und bezeichnend für unsere Zeit –, welchen Erfolg Reality Shows im Fernsehen haben, die sich am Leid und Elend anderer ergötzen. Mehr noch: Die Ablehnung sozial Abgehängter und Prekarisierter aufgrund ihrer Armut ist ein Anknüpfungspunkt der Neuen Rechten zum Distinktionsbedürfnis der Mittelschicht. Unter dem Titel „Eure Armut kotzt uns an. Wohlstandschauvinismus in Deutschland“ debattiert darüber Sarah Speck, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Sozialforschung der Goethe-Universität Frankfurt am Main, mit dem Publizisten und Politiker Thomas Ebermann.

www.lcb.de: (kostenloser) Stream, 8. 1., 19.30 Uhr

Ein persönlicher Assistent stellt einem die Ausstellungsstücke vor Foto: Haus am Lützowplatz

Kunst im Avatar-Rundgang

Das Haus am Lützowplatz präsentiert zwölf Positionen aus Kunst, Musik und Literatur zum Thema „Zeitgenössische künstlerische Haltungen“ – zu sehen ist das aber nur als Avatar: Von zu Hause aus bringt einem vor Ort ein persönlicher Assistent mit Kamera in der Hand die Kunstwerke näher.

www.hal-berlin.de: Termine u. a. 5.–8. 1., 12–15 Uhr

Zum Auftakt gibt es den Film „Showdown AV“ (7. 1., 19 Uhr) Foto: Stella Horta

Tanz der Fürsorge

Die Tanztage in den Sophiensælen sind schon seit dem Jahr 1996 eine Plattform für den choreografischen Nachwuchs – dieses Jahr finden sie (inklusive Debattenprogramm) unter der neuen Leitung von Mateusz Szymanówka allerdings nur digital statt, ein Fokus liegt auf künstlerischen Praktiken der Fürsorge in der Clubkultur.

Tanztage: sophiensaele.com, 7. bis 16. 1.

Mit „Die Bakchen“ festigte Klaus Michael Grüber seinen Ruf als Regisseur Foto: Ruth Walz

Gefangen im Götterglauben

Klaus Michael Grübers Inszenierung von Euripides’ Drama „Die Bakchen“ für die Schaubühne feierte 1974 an einem ungewöhnlichen Ort Premiere: den Messehallen am Funkturm. Nun ist das Stück mit seinen poetischen wie rätselhaften Traumbildern noch mal im Stream zu sehen – über den die FAZ schrieb: „Zweihundert Minuten lang lag man im Götterglauben gefangen auf der Intensivstation der Moderne.“

www.schaubuehne.de: 6. 1., 18 Uhr, bis 9. 1. 18 Uhr

Jupiter (Allan Clayton) und Semele (Nicole Chevalier) Foto: Monika Rittershaus

Schlüpfriges statt Biblisches

Februar 1744: Georg Friedrich Händel präsentiert in London sein neuestes Oratorium „Semele“. Doch statt eines biblischen Stoffs zur Fastenzeit gibt es eine etwas schlüpfrige Handlung über die Königstochter Semele, die von Jupiter entführt wird. Die Komische Oper zeigt „Semele“ als kostenlosen Stream ihrer Aufführung von 2018.

www.komische-oper-berlin.de: 3. 1., 19 Uhr