: Strahlendes Niedersachsen
Seit gestern bereisen Umweltschützer auf dem „Atompfad 2005“ die vier deutschen atomaren Endlager. Drei davon liegen auf niedersächsischem Gebiet, der vierte nahe der Landesgrenze. Die niedersächsische Landesregierung möchte sie möglichst schnell in Betrieb nehmen. Ein Überblick
von Reimar Paul
Während die Umweltschützer noch eine Woche zu Fuß und zu Fahrrad unterwwegs sind, um die Standorte der Endlager zu inspizieren und dort kritische Theateraufführungen abzuhalten, bettelt Niedersachsens Umweltminister Hans-Heinrich Sander geradezu um Atommüll. Gleich zwei Endlager würde der FDP-Politiker am liebsten in dem Bundesland einrichten. In Gorleben sollen hochradioaktive Abfälle aus AKW versenkt werden. Der Schacht Konrad, wo Sander einst mit einem T-Shirt mit der Aufschrift „Kerngesund“ für Fotografen posierte, soll schwach Wärme entwickelnde Abfälle aufnehmen. „Wir müssen Gorleben so schnell wie möglich zu Ende erkunden und Schacht Konrad in Salzgitter so früh wie möglich in Betrieb nehmen“, sagt Sander.
Der Minister will das Moratorium in Gorleben möglichst bald kippen. „Wir müssen nur noch die letzten zehn Prozent klären, selbstverständlich ergebnisoffen“, erklärt er. Andere Standorte sollten nur dann untersucht werden, falls sich Gorleben „wider Erwarten“ als ungeeignet erweise. Das Endlager Konrad will Sander sofort nach einem noch ausstehenden Gerichtsurteil für die Einlagerung von Atommüll vorbereiten lassen.
Auch Spekulationen, ob Konrad nicht sogar für europäischen Atommüll geöffnet werden könnte, heizte Sander kürzlich an: „Wir werden vielleicht darüber reden müssen, wir können die Schotten nicht einfach dicht machen.“ Er spricht sich außerdem dafür aus, beide Standorte zu nuklearen Forschungsstätten hochzurüsten. „In Salzgitter und Gorleben müssen alle Institutionen hin, die mit Kernenergie zu tun haben.“
Die rot-grüne Bundesregierung favorisiert dagegen das „Ein-Endlager-Konzept“. Alle Arten von Abfällen sollen in einem einzigen unterirdischen Endlager versenkt werden. Die Standortsuche hat Rot-Grün allerdings verschlafen. Erst vor wenigen Wochen legte Trittin einen Gesetzentwurf vor, der die Endlagersuche neu aufrollen soll – zu spät, um noch im Bundestag behandelt zu werden, wie der Minister selbst einräumen musste.