: Fabrikboss wird US-Botschafter
William Timken ist der neue Vertreter der USA in Berlin. Den Posten verdankt er weniger seinem Können, als großzügigen Spenden im Bush-Wahlkampf
WASHINGTON afp ■ Viel mehr als „Guten Tag“ dürfte William Robert Timken noch nicht auf Deutsch sagen können. Und statt in der Kunst der Diplomatie, kennt sich der Unternehmer aus Ohio vor allem mit Kugellagern und anderen Stahlprodukten aus. Seinen künftigen Job als Botschafter in Berlin hat der 67-Jährige also nicht unbedingt seinen Qualifikationen zu verdanken, sondern eher seinem kurzen Draht zu George W. Bush.
Der US-Präsident nennt Timken bei dessen Spitznamen „Tim“ und ist ihm zu Dank verpflichtet. Denn der Millionär aus jenem Mittelweststaat, wo sich im vergangenen November die Wahl entschied, gehört zu den großzügigsten Spendern des Präsidenten. Weil er für die Bush-Kampagne mehr als 200.000 Dollar eintrieb, verliehen ihm die Republikaner den Ehrentitel eines „Rangers“.
Schon im Mai wurde Timken in der deutschen Presse als Nachfolger von Daniel Coats genannt, der im Februar als Botschafter in Deutschland ausgeschieden war.
Die formelle Bekanntgabe aus dem Weißen Haus kam nun am Dienstag. Noch muss der Senat zustimmen, aber dies dürfte nicht mehr als eine Formsache sein. Denn dass Botschafterposten nicht an erfahrene Diplomaten, sondern an verdiente Freunde und Förderer des Präsidenten vergeben werden, hat in den USA eine lange Tradition. Timken kann immerhin familiäre Wurzeln in dem Land vorweisen, in dem er die US-Interessen vertreten soll.
Sein Urgroßvater Henry, der Begründer der Timken-Werke, war ein Bauernjunge aus Bremen, der 1838 als Siebenjähriger mit den Eltern in die Vereinigten Staaten auswanderte. 1897 meldete Henry Timken ein Patent für ein Kugellager an. Zwei Jahre danach gründete er eine Fabrik. Urenkel William Robert leitete fast drei Jahrzehnte lang das Unternehmen. Vor zwei Jahren gab Timken die Führung ab. Seither begnügt er sich mit dem Posten als Aufsichtsratschef.
Die Firma Timken verzeichnete im vergangenen Jahr einen Umsatz von 4,5 Milliarden Dollar und hatte 26.000 Beschäftigte in 27 Ländern. Zu den wichtigsten Kunden gehört das Pentagon, das Timken mit Teilen für Kampfflugzeuge und Kampfhubschrauber beliefert.
In Berlin übernimmt der Unternehmer aus dem Mittleren Westen keinen einfachen Posten. Der Streit um den Irakkrieg ist nicht vergessen.