Protest gegen Madsack-Sparprogramm

KÜNDIGUNGEN Mitarbeiter der Mediengruppe Madsack kämpfen gegen die Sparpläne der Verlagsbosse. Ein derart „brutaler Schnitt“ sei nicht zu akzeptieren. Besonders bei der „Märkischen Allgemeinen“ ist man frustriert

Ein bei Verlagen beliebtes Prozedere: Man kündigt Mitarbeitern, um sie in Tochterunternehmen wieder einzustellen

VON RENÉ MARTENS

Menschen, die ihren Unmut äußern, verwenden oft die Metapher „rote Karte“. Politiker tun das, Lothar Matthäus tut das – und nun auch Mitarbeiter von Madsack. Der Konzernbetriebsrat der Mediengruppe reagierte auf einige von den Verlagsbossen geplante Sauereien mit dem Slogan „Rote Karte für Sozial-Foul“. An verschiedenen Verlagsstandorten protestierten am Mittwoch Mitarbeiter unter diesem Motto, darunter in Potsdam 130 Angestellte der Märkischen Allgemeinen (MAZ).

Der Protest richtet sich unter anderem gegen 41 geplante Kündigungen im Verlagsbereich der MAZ, betroffen sind vor allem Anzeigengestalter und Finanzbuchhalter. Ein derart „brutaler Schnitt“ sei nicht zu akzeptieren, sagt Karin Wagner, die Betriebsratsvorsitzende der MAZ. Viele Kollegen seien betroffen, die „dreißig, vierzig Jahre im Betrieb“ arbeiteten und zu alt seien, um sich an anderen Verlagsstandorten für neu ausgeschriebene Stellen zu bewerben. Parallel zu den Protesten verhandelte die MAZ-Geschäftsführung mit dem Betriebsrat und Vertretern der Journalistengewerkschaft DJV sowie Ver.di. Die Gespräche seien wenig erfreulich verlaufen, sagt Wagner.

Viele Potsdamer Mitarbeiter, denen die Kündigung droht, sind auch deshalb frustriert, weil sie zu Zeiten, als die FAZ noch Eigentümerin war, Arbeitszeit- und Lohnkürzungen hingenommen haben, um die Existenz des Betriebs zu sichern und den Kauf einer neuen Druckmaschine zu ermöglichen. Auf die warten sie bis heute.

Dem Vernehmen nach sollen die Einsparungen eine Million Euro einbringen. Auf eine diesbezügliche Anfrage reagierte die Madsack-Zentrale in Hannover nicht. Die Maßnahmen in Potsdam kommen keineswegs unerwartet: Der Mischkonzern Madsack, der auch mit Radiobeteiligungen und einem Postdienst Geld verdient, hat die MAZ erst am 1. Januar 2012 vom FAZ-Verlag übernommen. Seit Mitte April ist eine neue Geschäftsführung im Amt. Und neue Leute profilieren sich gern mal als Sparfüchse. Einer der beiden Geschäftsführer ist Adrian Schimpf, gleichzeitig Personalchef der gesamten Madsack-Gruppe – aus Konzernsicht eine ideale Besetzung, besonders in einem Haus, das Sparen grundsätzlich für sinnvoll hält. Im weiterem Sinne handelt es sich hier um sozialdemokratisches Denken, denn Madsacks größter Einzelgesellschafter ist mit 23 Prozent die SPD-eigene Medienholding DDVG.

Der Protest der Madsack-Beschäftigten richtet sich auch gegen drohende Maßnahmen bei den Konzern-Titeln an der Ostsee: Die Online-Redaktionen der Ostsee-Zeitung in Rostock und der Lübecker Nachrichten sollen ausgegliedert und in der nicht tarifgebundenen Tochterfirma Ostsee Information und Medien GmbH in Lübeck zusammengelegt werden. Ein bei Verlagen beliebtes Prozedere: Man kündigt Mitarbeitern, um sie in Tochterunternehmen wieder einzustellen, wo sie für weniger Geld so viel malochen müssen wie vorher. Dass die Onliner „abgekoppelt“ werden, „versteht eigentlich keiner“, sagt Detlef Schütz, Betriebsratsvorsitzender der Ostsee-Zeitung. Verhandlungen mit der Geschäftsführung sind für den 8. August geplant.