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Archiv-Artikel

Bahlsen leicht angefressen

Der Keksriese kassiert vor dem Oberlandesgericht eine knackige Niederlage: Die Aktion „Sammeln für die Klassenfahrt“ wird untersagt. Sponsoring an Schulen ist dennoch ein boomendes Geschäft

von Kai Schöneberg

In den USA spendiert Pizza-Hut Gutscheine für gute Schüler, Pepsi schließt Exklusiv-Verträge mit Schulen ab. Doch das Problem ist gar nicht so weit weg: Gestern untersagte das Oberlandesgericht Celle (OLG) in einem Revisionsverfahren dem Keksriesen Bahlsen, seine Werbeaktion „Sammeln für die Klassenfahrt“ fortzuführen.

Auf Packungen von „Russisch Brot“ oder dem „Leibniz Landkeks“ und im Internet konnten Schüler und Eltern im vergangenen Jahr „Klassenfahrt-Punkte“ sammeln. Für einen dreitägigen Klassentripp nach Berlin oder Hamburg inklusive „Rundum-Sorglos-Paket“ mussten 222 Punkte vorgelegt und pro Person 99 Euro dazugezahlt werden. Auf den Packungen befanden sich bis zu drei Punkte, die in ein „Klassen-Sparbuch“ eingeklebt werden sollten. Partner von Bahlsen waren TUI, Hapag-Lloyd und die Bahn. Laut Bahlsen haben insgesamt 130 Klassen mit 3.200 Schülern teilgenommen.

Das Gericht sah wie der klagende Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV) in der Aktion unlauteren Wettbewerb, der einen „unzulässigen Kaufzwang“ auf die Schüler ausgeübt habe. Schüler wie Eltern hätten sich unter Druck gesetzt fühlen können, zum Bahlsen-Knabberspaß zu greifen, wenn sich eine Klasse erst mal für die subventionierte Reise entschieden habe. „Jeder konnte selbst entscheiden, ob er teilnimmt oder nicht“, entgegnet Bahlsen-Sprecherin Dorith Wolff. Bahlsen überlege, ob man Rechtsmittel einlegen werde.

Den Verbraucherschützern ist Schul-Sponsoring seit langem ein Dorn im Auge. Nachdem das Bremer Landgericht entschieden hatte, dass die Flocken-Firma Kellogg’s auf ihren Frosties Werbung für „Taler“ machen durfte, die Kinder gegen Schulsportgeräte eintauschen konnten, klagen sie nun vor dem Bundesgerichtshof. Man habe nichts gegen Unternehmen, die Schulen finanziell unterstützen. „Wenn aber Schulen dazu benutzt werden, um bestimmte Produkte an Kinder und Jugendliche zu bringen, ist eindeutig eine Grenze überschritten“, sagt Sprecher Christian Fronczak.

Schul-Sponsoring boomt. Es gibt Schulhefte mit aufgedruckten Firmenlogos, Abi-Partys mit Bartstyling-Wettbewerben von Gillette oder Coca Cola-Mobile mit Rasen-Ski für Kinder. Was wie gefördert werden darf, regeln die Bundesländer. In Niedersachsen darf nur gesponsert werden, wenn der Werbeeffekt „deutlich“ hinter dem pädagogischen Nutzen zurückbleibt. „Trikots von einer Firma sind ok“, sagt ein Sprecher des Kultusministeriums. Die Techtelmechtel mit der Industrie verleiteten den Staat zum Sparen, glaubt der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Josef Kraus: „Dann können sich die Kultusminister zurücklehnen und den Schulen den schwarzen Peter für fehlende Gelder zuschieben.“