HÜFTZUCKEN IM HAVANNA : In Unterwäsche
Havanna liegt in Schöneberg. Und ist nicht die Hauptstadt Kubas, sondern ein verkannter Großraumpuff. Samstagnacht war es so weit, meine Freundin U. und ich wollten die Hufe schwingen: vier Floors mit Salsa, Bachata, Reggaeton, Merengue. Junge Frauen in engen Glitzerkostümen, die tätowiertes Arschgeweih und BH frei lassen; Männer, deren Blicke durch den Raum flitzen wie ein Durstiger auf dem Weg zu einem kühlen Bier. Menschen auf der Suche.
„Tussig hier“, grinst U., die Queen des Hüftschwungs, und lässt sich von einem Kubaner auf die Tanzfläche führen. Ihre Ansage, aus Erfahrung entstanden: „Übrigens, ich bin verheiratet und habe ein Kind“. Seine Antwort: „Super! Ich bin verheiratet und habe vier Kinder. Und in Miami noch viel mehr …“
Was es noch so gibt im Havanna: Einen lächelnden Tanzpartner, der Abstand hält und sagt: „Eigentlich tanzt man Bachata ja eng – das kannst du dann mit deinem Mann machen.“ Einen Mann, der Abstand als unnötig und Nahkampf-Sextechniken beim Tanzen als nötig einstuft. Und einen Latino, der als Flirtversuch über den Sinn bikultureller Beziehungen diskutieren will – nachts um halb drei.
Auf dem Weg zum Auto steht an einer Straßenecke eine junge Frau in Unterwäsche und schwenkt ihr nass geregnete Kleid über dem Kopf. Sie schwankt und ruft: „Ich will ins Beeeeeeeett!“ Ein Mann filmt sie mit dem Handy. Wir schauen uns an und drehen um.
Klack-klack-klack, unsere Tanzschuhe auf dem Asphalt. „Brauchst du Hilfe?“ Die Frau guckt uns kajalschwer und erstaunt an. „Nein!“ Ob er vorhabe, das ins Netz zu stellen? Er, mit leichtem Akzent: „Nein, ich will ihr nur morgen zeigen, wie sie sich verhält, wenn sie trinkt! Danke für die gute, wie heißt das? … Absicht?“ Die Frau verschwindet in einem Hauseingang. „Ich bin ihr Bruder!“
MIRIAM JANKE