wortwechsel: 74 Millionen Amerikaner ziehen ins Weiße Haus!
Noch nie haben so viele US-Amerikaner:innen gewählt. 74 Millionen stimmten für Biden und Harris. 70 Millionen für Trump. Das neue Team läuft sich warm – für ein tief gespaltenes Land
„Die US-Wahlen sind vorbei. Oder doch nicht?“, taz vom 9. 11. 20
Der Führungsanspruch
So grotesk uns das Verhalten von Trump anmutet und Politiker auch in Europa zu ähnlichem autokratischen Verhalten ermuntern mag, bitte erinnert euch alle an den Auftritt von „Basta“-Bundeskanzler Schröder in der sogenannten Elefantenrunde im ZDF am Wahlabend im September 2005, der die verlorene Wahl nicht akzeptieren wollte und in unverschämter Art und Weise die Kandidatin Angela Merkel anging und jedes Koalitionsangebot von Merkel – unter ihrer Führung – damit abtat, dass die Wahl eindeutig in der Kandidatenfrage ausgegangen sei. Schröder wollte den Führungsanspruch nicht aufgeben. Jeannette Kassin, Hamburg
Trumpisten unter uns
Die Republikaner in den USA haben etliche Wählerstimmen mit der populistischen Behauptung gewonnen, unter einem Präsidenten Joe Biden drohe der Sozialismus oder Kommunismus. Dass in den deutschen Medien und Kommentaren diese plumpe Wahlkampftaktik fast einhellig verurteilt wurde, verwundert allerdings durchaus.
Hat man schon vergessen, dass in Deutschland die CDU unter Helmut Kohl und Generalsekretär Biedenkopf ihre Wahlkampagne 1976 mit dem populistischen Slogan „Freiheit statt Sozialismus“ auf ihren Plakaten gegen den Wahlgegner Helmut Schmidt und zuvor gegen Willy Brandt geführt hat? Und die Düsseldorfer CDU hat noch 2019 im Europawahlkampf diese Schallplatte neu aufgelegt gegen ihren langjährigen Koalitionspartner SPD in der Bundesregierung: „Droht uns mit Olaf Scholz der Sozialismus?“ Dazwischen gab es die „Rote-Socken-Kampagne“ von CDU-Generalsekretär Peter Hintze. Noch toller trieb es Konrad Adenauer: Ihm gelang 1953 mit der Wahlkampfparole „Alle Wege des Marxismus führen nach Moskau“ ein Erdrutschsieg gegen die SPD mit dem unterlegenen Spitzenkandidaten Erich Ollenhauer. Die „Trumpisten“ sind also immer schon mitten unter uns – in Deutschlands etablierten Parteien.
Wilhelm Neurohr, Haltern am See
Gänsehaut – vor Freude!
Ich hätte nicht gedacht, dass mich eine Wahl wie diese US-amerikanische Präsidentschaftswahl, so aufwühlen kann. Bei Verkündigung des Ergebnisses kamen mir gar Tränen vor Glück und bei der Antrittsrede von Joe Biden als President-elect die pure Gänsehaut – vor Freude. Da ist eine neue Aufbruchstimmung – gerade bei der Jugend, die ihre Zukunft einfordert. Das neue Team an der Spitze der USA verbindet so viel: die Erfahrung des alten Herrn, seine Souveränität und die Dynamik einer hoch engagierten Frau, die mit ihrem Background, ihrer Ethnie, ihrer Art die moderne Frau verkörpert und meines Erachtens einen frischen Wind ins Weiße Haus und ins Oval Office bringt. Ja, für mich ein absolutes Dreamteam. Nicht nur Amerika hat gewonnen, sondern die ganze Welt. Sven Jösting, Hamburg
„Künftige Vizepräsidentin Kamala Harris: Vorbild mit Haken. Zum ersten Mal wird eine Frau Vizepräsidentin in den USA. Doch Kamala Harris steht auch für eine Leistungsideologie, die viele Menschen ausschließt“, taz vom 9. 11. 20
„Sir – I am speaking.“
Die Tage des Zitterns und des schlechten Schlafs sind vorbei. Joe Biden und Kamala Harris haben es endlich geschafft. Und was fällt euch als Erstes dazu ein? Kamala Harris ist nicht gut genug. Auf Selbstoptimierung getrimmter Habitus, Ehrgeiz, elaborierte Sprache, „richtige“ Familie, Ideologie des Leistungsdenkens, und dann joggt sie auch noch. Genauso wie die effizienten Leistungsmenschen aus Kalifornien oder NYC. Ich bin sprachlos, was eurem Autor alles zu dieser Frau einfällt. Aber an dieser historischen Stelle kein Wort zu ihrer Kompetenz, zu ihren Erfolgen und dem wichtigen Schritt zur Gleichberechtigung. „Sir, I am speaking!“ sage ich da nur. Ihr werdet noch von ihr hören. Carmen Richerzhagen, Bonn
Wer sonst – als Vorbild?
Selten so einen Unsinn gelesen. Wie hätte es denn Kamala Harris in dieses Amt schaffen sollen – als einfache Frau aus dem Volk? Es ist trotz ihrer „guten Familie“ eine ungeheure Leistung, dass sie das überhaupt geschafft hat. Ohne Selbstoptimierung ins weiße Haus als schwarze Frau, wie stellen Sie sich das denn vor? Wer soll denn sonst als Vorbild taugen? 70 bis 80jährige weiße Männer? Du meine Güte, so was wird auch nur über Frauen geschrieben. Ulrike Köllner, München
Die besten Zahlen!
„Nach Wahl Kampf“, taz vom 6. 11. 20
Ich freue mich, Ihnen bekanntmachen zu können, dass ich heute die besten Lottozahlen getippt habe. Es sind einmalige Zahlen, die es so noch nie gab. Es sind die großartigsten Zahlen, die jemals in der Geschichte der Lottozahlen getippt werden konnten. Zahlen, die in dieser Richtigkeit ohne Beispiel sind. Aber man will mir diesen Gewinn stehlen: Fake-Press und das Establishment planen eine erneute Ziehung, aber ich werde diese Fake-Zahlen nicht akzeptieren. Ich werde um die Gerechtigkeit in unserem großartigen Land kämpfen und alle rechtlichen Mittel ausschöpfen. Stoppt jede neue Ziehung! Kurt Lennartz, Aachen
Es gibt wieder Hoffnung
„New York tanzt“, taz vom 9. 11. 20
Die Komplexität dieses Wahlsystems hat zu Bedenken und Verzögerungen geführt, und es kann an der Zeit sein, darüber nachzudenken, wie es vereinfacht werden kann. Es ist Zeit, in die Zukunft zu schauen und die wenigen Kilometer, die von der „großen, schönen Mauer“ gebaut wurden, als Symbol der Trump-Präsidentschaft in Schutt und Asche zu legen. Die Wirtschaft muss aufgebaut und Covid niedergeschlagen werden, das Bildungssystem muss stark, gerecht, für alle verfügbar und vorzugsweise wirklich frei sein. Es gibt jetzt wieder Hoffnung und es ist Zeit, ein besseres, geeintes Land aufzubauen. Viel Glück! Dennis Fitzgerald, Melbourne
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