: Immer blinder Alarm
Ein kleine Geschichte der herrenlosen Koffer
Eines Tages wird einmal ein Historiker die Geschichte der „herrenlosen Koffer“ in unserem Jahrhundert erzählen und uns erklären, dass eine Sache herrenlos ist, wenn ihr Eigentümer oder Besitzer Besitz und Eigentum aufgegeben hat. Fachwort: „res nullius“. Oft ist dies der Fall an Orten wie Flughäfen, Bahnhöfen oder auch vor Jobcentern, wie zuletzt am Dienstag bei der taz um die Ecke in Kreuzberg, wo einen herrenlosen Koffer sein übliches Schicksal ereilte: Er wurde gesprengt. Mit dem verdächtigen Objekt einher geht nämlich die Angst vor seinem Inhalt. Es könnte ja Schlimmes darin sein. Seit dem Jahr 2001 gab es 764 Tickermeldungen zum Stichwort „herrenloser Koffer“, der erste tauchte auf dem Hamburger Flughafen auf und enthielt lediglich Reiseutensilien. Und so entpuppt sich das Corpus Delicti stets als harmlos, als Reise-, Monteur- oder auch als Kollektionskoffer mit millionenteuren Luxusuhren wie 2005 in einem Mannheimer Parkhaus. In 99,9 Prozent der Fälle ist die Aufregung groß und der Alarm blind. Deshalb wollen wir hier eine Lanze für den herrenlosen Koffer brechen. Nicht alle alleinstehenden Behältnisse sind schlecht. Ihre ehemaligen Besitzer sind es. Man sollte diese Idioten zwar nicht gleich in die Luft sprengen, aber kräftig ankoffern.
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