: Man spricht deutsch
Ein ausländischer Tourist hat es in Hamburg nicht leicht, besonders, wenn er nicht einmal Englisch spricht. Doch „bis zur WM“ verspricht die Deutsche Bahn Piktogramme zur Orientierung und die Polizei ein bundesweit abgestimmtes Parkleitsystem
von Franziska Trogisch
Mit fragendem Blick und einem Stadtplan in der Hand steht die Touristin an der Alster – eine alte Dame nimmt sich ihrer an: „Kann ich Ihnen helfen?“ Die junge Frau hat Glück. Denn ob die Beschilderungen und Hinweisschilder in der Stadt ausreichend sind, darüber sind die Besucher der Stadt Hamburg durchaus geteilter Meinung.
„Mit einem Stadtplan kommt man relativ weit, ohne sind wir hilflos!“, bemängeln beispielsweise Leif Grude und Osmünd Moen, die aus Norwegen angereist sind. Und auch Tatjana Tokarchuk, eine Besucherin aus Krakau, fände sich „ohne ihre einheimischen Freunde“ nicht zurecht – obwohl sie bereits seit einiger Zeit Deutsch lernt. Nur Sten Bülow Bredstedt aus Kopenhagen hat keine Orientierungsprobleme – allerdings nicht zuletzt wegen der „vielen freundlichen, hilfsbereiten Hamburger“.
Tausende von Urlaubern durchstreifen die Stadt
Spätestens zur Fußball-Weltmeisterschaft sollen die sprachlichen Bedürfnisse der dann massenhaft in die Stadt strömenden ausländischen Besucher berücksichtigt sein. Doch schon jetzt durchstreifen täglich Tausende von Urlaubern die Stadt, hauptsächlich zwar, so das Statistische Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein, aus Deutschland, doch auch die Auslandsnachfrage steigt, wie jüngst die Hamburg Tourismus GmbH vermeldete. Neben Touristen aus England und der Schweiz, aus Österreich und Dänemark machen vor allem US-Amerikaner, Japaner und Chinesen Urlaub in der Hafenstadt.
Ganz ohne Hürden ist der Weg in die Hamburger Innenstadt nicht zu nehmen: Egal ob man mit dem Flugzeug oder der Bahn anreist – Wegweiser und Aushänge an den Informationstafeln finden sich höchstens noch in Englisch. „Deutsch spreche ich gar nicht und Englisch nur sehr, sehr schlecht“, klagt Gabriela Nevrlá, soeben aus der Slowakei angereist, auf russisch über Orientierungsprobleme. Sie steht am Fahrkartenautomaten des HVV, doch der lässt sich per Knopfdruck lediglich auf Englisch umstellen. Und welcher Fahrschein dann der richtige ist, lässt sich nur durch mehr oder minder wahlloses Drücken auf diverse Tasten herausfinden.
Gabriela Nevrlá hat sich durchgewurstelt. Menschen, denen selbst rudimentäre Deutsch- und Englischkenntnisse fehlen, müssten sich ans Personal wenden – doch das ist zwar „immer sehr freundlich“, wie überall lobend zu hören ist, doch wenig polyglott. Selbst der nette Herr Oktay Basavan, der die orientierungslose Barbara Brilski bis zu den Landungsbrücken begleitete, um sie in den richtigen Zug zum Jungfernstieg zu setzen, wäre gescheitert, wenn die Russin nicht ein paar Brocken Deutsch geradebrecht hätte.
„Mitarbeiter mit Kundenkontakt“, erklärt Hochbahn-Pressesprecher Andreas Ernst, erhielten Broschüren mit Redewendungen auf Englisch, die sie sich im Selbststudium aneignen sollten. Nicht alle Angestellten allerdings sind von der Notwendigkeit überzeugt. „Warum sollen wir Englisch können, es treten sowieso nur Deutsche mit Fragen an uns heran“, lässt beispielsweise ein HVV-Schalterbeamter wissen. Sollten es doch einmal Franzosen, Spanier oder Polen sein, müsse zur Not eben ein ausländischer Mitarbeiter über Funk herbeigerufen werden.
Mülltrennung auch auf Italienisch
Etwas leichter macht es Auslandstouristen die Deutsche Bahn – an ihren Automaten kann zwischen sechs Sprachen gewählt werden, darunter Dänisch und Schwedisch. Die Russin Brilski könnte zwar immer noch keinen Fahrschein kaufen, auch ein Italiener ist als Kunde nicht vorgesehen, doch könnte der immerhin seinen Glas- oder Papiermüll ordnungsgemäß entsorgen: Die entsprechenden Behältnisse auf den Bahnhöfen sind neben Deutsch und Englisch auch in Französisch und Italienisch gekennzeichnet. Bis zur WM, erklärt ein Bahnsprecher, sollen die Bahnhöfe umgebaut und mit Piktogrammen ausgestattet werden sollen, um Reisenden die Orientierung zu erleichtern. Für Angelique Swartz aus Dallas ein Jahr zu spät, leicht genervt irrt sie auf der Suche nach ihrem Anschlusszug durch die Hallen.
„Bis zur WM“ – auch andernorts ist dies oft zu hören. „Bis zur WM“, sagt beispielsweise Guido Neumann, Pressesprecher der Hamburg Tourismus GmbH, werde das Beschilderungssystem ausgebaut. Außerdem stellt er „zur WM“ „Fanbetreuer“ in einem „Fanoffice“ auf dem Rathausmarkt in Aussicht, die je nach Nationalität der spielenden Mannschaften Auskunft in der jeweiligen Landessprache geben können.
Auch die Polizei hat sich bis zur WM noch einiges vorgenommen. Ein bundesweit abgestimmtes Verkehrslenkungskonzept und Parkleitsystem zum Beispiel, das, so Polizeisprecher Andreas Schöpflin, bis dahin erstellt sei. Problemen bei der Verständigung versuche die Polizei entgegenzuwirken, indem zumindest Englisch bereits Teil der Ausbildung sei. Nächstes Jahr kämen zudem Beamte aus dem Ausland zum Einsatz, sagt Schöpflin und kündigt mehrsprachige Flyer mit Warnungen vor Diebstählen an.
Immerhin: Die Stadt unter kundiger Führung zu entdecken, ist auch vor der WM kaum ein Problem. Die Anbieter von Stadtrundgängen und -fahrten haben sich schon seit Jahren auf ausländische Gäste eingestellt, mehrsprachige Führungen, zur Not über Kopfhörer, gehören zum Standard. Doch spätestens beim beschaulichen Spaziergang am Elbufer steht der ausländische Tourist wieder vor einem Problem. So kann er zwar die Aussicht genießen, die blaue Informationstafel jedoch vermittelt Wissenswertes über die Geschichte der Landungsbrücken nur auf Deutsch.