: Die Basis der Saar-SPD bröckelt
Die Linkspartei mit Lafontaine als Spitzenkandidat ist im Saarland schon fast so stark wie die SPD. Auf einer Versammlung der Personal- und Betriebsräte übt IG-Metall-Chef Peters harsche Kritik an der SPD. Deren letzte Hoffnung ist Ottmar Schreiner
AUS SAARBRÜCKENKLAUS-PETER KLINGELSCHMITT
Das sind harte Tage für Heiko Maas, den Landesvorsitzenden der saarländischen SPD. In der vergangenen Woche erst kürte die Linkspartei seinen Vorgänger, den Exministerpräsidenten Oskar Lafontaine, zum Direktkandidaten für den Bundestagswahlkreis Saarbrücken. Ein Affront. Denn es gilt als sicher, dass der einstige Oberbürgermeister Lafontaine hier die Erststimmen abräumen wird.
Und jetzt prognostiziert Infratest auch noch einen Zweitstimmenanteil von 20 Prozent für die noch zu gründende Linkspartei aus WASG und PDS im Saarland, falls es im September zu vorgezogenen Bundestagswahl kommt. Der jüngsten Umfrage zufolge, rangiert die SPD mit 24 Prozent nur noch knapp vor der Linkspartei. Die CDU führt derzeit mit 42 Prozent.
Laut Infratest begrüßen sogar 41 Prozent der SPD-Anhänger die Kandidatur von Lafontaine – ein zusätzlicher Tiefschlag für Maas, der gleichzeitig sieben Sympathiepunkte bei der Bevölkerung einbüßte.
Der traditionelle Empfang von rund 200 Betriebs- und Personalräten durch die sozialdemokratische Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen am Donnerstagabend kam dem einstigen Ziehkind Lafontaines deshalb gerade recht. Entspannt „zu Gast bei Freunden“ sein, Zuspruch tanken und dann physisch gestärkt durch Buletten mit Brezelgarnitur den „Kampf um jede Stimme“ aufnehmen. Das war die Theorie.
In der Praxis aber ging Gastredner und IG-Metall-Vorsitzender Jürgen Peters hart mit der SPD ins Gericht. Die Agenda 2010 habe es geschafft, die soziale Kompetenz der SPD zu ruinieren, ohne dass es gelungen sei, wirtschaftliche Kompetenz zu gewinnen, wetterte Peters. Auch politisch sei die SPD am Ende, weil sie keine Konzepte habe, die sozialdemokratische Identität verrieten. Beifallsstürme für Peters im Auditorium. Und mit Ovationen geradezu überschüttet wurde der eigentlich schlechte Redner für seine Konklusion, dass die Gewerkschaften „nicht die Hilfstruppen irgendeiner Partei“ seien – „keiner neuen und auch keiner etablierten“.
Maas, der zuvor die Linkspartei beharrlich PDS genannt hatte, stand in seinem braunen Konfirmandenanzug und mit gesenktem Blick wie ein abgestrafter Schuljunge auf der Bühne. Und der Parteilinke Ottmar Schreiner, der lange und vergeblich gegen die Agenda 2010 gekämpft hatte, begann zu schwitzen.
Dabei ist der saarländische Spitzenkandidat Schreiner ganz offenbar das letzte „Pfund“ der SPD an der Saar. Viel wuchern lässt sich nicht damit, aber vielleicht verhindern, dass die Partei im Herbst ausgerechnet in ihrem einstigen Stammland noch hinter die neue Linkspartei zurückfällt.
Schreiner selbst hält sich beim Thema Linkspartei vornehm zurück. Die Schelte von Peters aber kann er „nachvollziehen“. Für ihn ist die CDU der „Hauptgegner“. Der taz sagt er, dass die jetzt „programmatisch geläuterte SPD“ das Ruder nur dann herumreißen könne, wenn es ihr gelinge, den Wahlkampf zu einer „Richtungsauseinandersetzung“ zu machen.
„Für den Ottmar kleben wir auch gerne Plakate, für Schröder nicht“, sagen Personalräte später beim Bier. „Einer wie Schreiner!“ heißt bei ihnen die Parole. Und Lafontaine? Der sei immerhin auch „ein ganzer Kerl“. Ob er im September die SPD oder die neue Linkspartei wählt, kann ein Arbeitnehmervertreter aus der Uniklinik noch nicht genau sagen. In seiner Brust stritten sich „zwei Seelen“. Immerhin mache der Oskar den „Genossen der Bosse dort in Berlin“ schon heute Beine.