predigerausbildung von EUGEN EGNER
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In einer Zeit wie dieser ist die Ausbildung zum Prediger ein wichtiges Thema. Ist das nicht ein Beruf mit Zukunft? Wäre es nicht besser, es gäbe es acht Millionen Arbeitslose weniger und dafür acht Millionen Prediger mehr? Vielleicht könnte ich selbst auch Prediger werden?

Darüber habe ich mich mit Herrn Milchbein unterhalten, seines Zeichens Kirchenbeauftragter für die Predigerausbildung und Vorsitzender der Fleischerinnung in einer Person. Eine interessante Kombination, wie ich noch heute finde. Im Zeichen dieser Kombination stand auch das ganze Gespräch.

Es begann schon damit, dass Herr Milchbein mich ermunterte, mir ein Knackwürstchen aus seinem Klingelbeutel zu nehmen: „In Weihwasser gekocht!“ Es schmeckte vorzüglich, fast wie Hirn im Sulzkissen. „Nehmen Sie noch eins“, rief Herr Milchbein generös. „Und noch eins!“ Ich tat es gern, doch musste ich ab sofort mitzählen. Mehr als 34 Stück bekommen mir nicht.

Wir unterhielten uns dann noch ein bisschen über die Predigerausbildung. Was man denn tun müsse, um Prediger zu werden, wollte ich wissen. „Zuerst einmal den Predigerschein machen“, lautete die Antwort. Ich erfuhr, dass es drei verschiedene Klassen gibt: A, B und C. Mit dem Schein der Klasse A darf nur den Vögeln gepredigt werden, Klasse B berechtigt zum Predigen vor Katzen und Hunden. Und wer Klasse C hat, kann Menschen und Schweinen predigen, weil die sich biologisch ähnlich sind.

Ich nahm noch ein Würstchen. Nun konnte ich mir die Frage nicht länger verkneifen, wie es bei Herrn Milchbein wohl zu dieser originellen Verbindung von Predigerkunst und Metzgerhandwerk gekommen war. „Ja, Gott“, antwortete er, „die Leute wollen doch immer Fleisch essen, und das dann mit dem Predigen zu verbinden, schafft Anreize. Außerdem kommt Fleisch ja auch schon in der Bibel vor. Letzten Endes wird das Wesen der Predigt selbst davon beeinflusst, wir haben dementsprechend Predigten mit Fleischeinlage, zum Beispiel die Kraftpredigt mit Rinderessenz. Oder die klare Geflügelpredigt, keinesfalls zu vergessen die hoch effiziente Wurstpredigt! Nehmen Sie noch ein Knackwürstchen!“

Herr Milchbein verschwieg nicht, dass diese Verbindung auch Gefahren birgt. Man müsse aufpassen, dass sich Predigtschüler nicht an der Sulzware versündigen. Als sehr wichtig bezeichnete er zudem die Bußübungen und Kirchenstrafen, die ebenfalls zur Ausbildung gehören. Die beliebteste Strafe sei das grußlose Pökeln, sagte Herr Milchbein. Ich fragte ihn, welche Bußübung ihm persönlich am meisten Spaß mache. Vielleicht die blecherne Schweinesause? „Nein“, meinte er, „dann schon eher Kniehang in der Hammelklappe. Ich habe aber kaum etwas zu büßen. Nehmen Sie doch noch ein Knackwürstchen!“

Am meisten interessierte mich, wie er selbst Prediger geworden sei. Wollte seine Frau das so haben? „Von wegen“ erwiderte er, „mit meiner Frau hat das nichts zu tun. Im Übrigen bin ich unverheiratet. Als ich noch Metzger war, ist mir diese große Bratwurst am Himmel erschienen, und ich dachte: Sieh die Bratwurst. Das hat mein Leben völlig verändert. Sehen Sie, es ist letztlich der unbeugsame Wille zur Wurst, der hinter allem steht.“