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Archiv-Artikel

Brandgefährliches Studium

Das Geomatikum an der Bundesstraße ist nicht mehr betriebssicher, warnt die Universität. Der Brandschutz in dem Hochhaus sei völlig unzureichend, die Fassade einsturzgefährdet. Gleichwohl stellt der Senat bisher kein Geld zur Sanierung bereit

Die vielen Kabel im Geomatikum sind nicht feuerfest ummanteltDas Gebäude betriebssicher zu halten, ist Aufgabe der Stadt

von Eva Weikert

Das Institut für Geophysik der Hamburger Uni stellt eine Gefahr für Mitarbeiter und Studenten dar. Davor warnt der aktuelle Jahresbericht der Universität. Das Hochhaus an der Bundesstraße 55 müsse dringend brandschutzsaniert werden, mahnt die Hochschule: „Der sichere Betrieb ist nicht mehr uneingeschränkt möglich.“ Trotz mehrfachen Drängens seitens des Präsidiums stellt der CDU-Senat aber bisher kein Geld zur Sicherung des 18 Stockwerke hohen Geomatikums zur Verfügung. „Wir können nicht mehr warten“, sagte Uni-Kanzler Manfred Nettekoven zur taz, „der Senat muss jetzt handeln.“

Die größte Gefahr droht durch die Brandschutzmängel in dem 30 Jahre alten und 85 Meter hohen Gebäude. Nettekoven zufolge sind die zahlreichen Kabel und Lüftungsrohre in den Wänden und Decken nicht feuerfest ummantelt. Hinzu komme, dass die Decken selbst nicht wie vorgeschrieben 90 Minuten feuerresistent seien, sondern nur 30. Dieser Standard entspreche nicht den schon 1996 verschärften Vorschriften, so der Kanzler. Im jetzt veröffentlichten Uni-Jahresbericht von 2003/2004 ist zu lesen, dass die Vernachlässigung des Brandschutzes im Gebäude „bereits an einigen Stellen zu Gefährdungen führt“.

Sanierungsbedarf besteht auch für die Fassade des Instituts, „die teilweise runterkommt und sich auflöst“, wie die Uni-Pressestelle einräumte. Die Fassadenerneuerung und die Beseitigung der Brandschutzmängel würde nach Berechnungen der Uni rund zwölf Millionen Euro kosten – Mittel, die sie nicht hat.

Für die Instandhaltung ihrer mehr als 180 Gebäude und die Unterhaltung von Baustellen stellt die Stadt der Hochschule jährlich 5,8 Millionen Euro bereit. Laut Uni-Pressestelle sind Brandschutz und Fassadensanierung in dem Titel nicht enthalten. Die Gebäude „betriebssicher“ zu halten, erklärte auf Anfrage die zuständige Bauaufsicht im Bezirksamt Eimsbüttel, sei Sache der Eigentümerin – im Fall des Geomatikums die Stadt.

Die Behörde von Wissenschaftssenator Jörg Dräger (parteilos) räumte gestern ein, das veraltete Lüftungssystem im Gebäude verstärke im Brandfall die Feuerverbreitung. Das Brandrisiko sei zudem dadurch erhöht, so Behördensprecherin Sabine Neumann, dass das Haus „mehr und mehr verkabelt wurde ohne die nötige Modernisierung“.

Die für die Renovierung nötigen Millionen hat die Uni laut Kanzler Nettekoven schon „vor Jahren“ beim Senat beantragt mit dem Hinweis, dass das Vorhaben „ganz besondere Priorität habe“. Gleichwohl hatte der Senat das Anliegen bei der Auflage seines Sonderinvestitionsprogramms im Herbst übergangen.

Die „komplette“ Sanierung des Geomatikums sei geplant, beschwichtigte gestern Drägers Sprecherin. Das Geld dafür solle teilweise von der Stadt und von privaten Investoren kommen, so Neumann vage. Zwar stehe die Feinplanung für die Finanzierung noch nicht. Doch Ende 2007, spätestens 2008 solle die Renovierung beginnen.

Aus Uni-Sicht ist das viel zu spät. Ein Sanierungskonzept etwa über die Anlage neuer Fluchtwege und die Deckenerneuerung sei bereits erstellt, berichtete Nettekoven, es könne etagenweise umgesetzt werden. Das Bezirksamt Eimsbüttel „will jetzt wissen, wie es weitergeht“, sagte er und mahnte, spätestestens 2006 zu sanieren.

Dem AStA zufolge wurde wegen des Verfalls allen Geomatikum-Mitarbeitern jetzt das Betreten der Balkone untersagt. Wie die Studentenvertretung beklagte, „behandelt das Präsidium den Zustand des Gebäudes geheimniskrämerisch“, so Referent Stefan Kühn. Der AStA erhalte keine „zuverlässigen“ Informationen über die Mängelliste und fordere die Uni-Leitung darum auf, die Studenten „über die wahre Gefahrenlage aufzuklären“.