Mehr Projekte für Schüler

KULTURFÖRDERUNG Die KZ-Gedenkstätte Neuengamme bekommt neuerdings mehr Geld vom Bund. Das braucht sie dringend für die Betreuung Jugendlicher

Von 1938 bis 1945 war Neuengamme das größte KZ in Norddeutschland.

■ Über 100.000 Häftlinge stellten dort Klinker für die geplante „Führerstadt Hamburg“ her.

■ Mindestens 42.000 Menschen starben in Neuengamme.

■ Nach 1945 war Neuengamme Internierungslager der Briten und wurde 1948 Strafvollzugsanstalt.

■ Das erste Ausstellungsgebäude eröffnete 1981.

■ Der letzte Gefängnistrakt wurde 2006 geschlossen. Seit 2007 existiert die Gedenkstätte in ihrer heutigen Form.

Eine dauerhafte institutionelle Förderung von 725.000 Euro jährlich hat der Bund für die KZ-Gedenkstätte Neuengamme bewilligt. Die Maßnahme griff bereits zum 1. Januar 2009. Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) und Hamburgs Kultursenatorin Karin von Welck (parteilos) gaben dies gestern offiziell bekannt. Als Grund für die Verzögerung wurden Terminprobleme genannt.

Für die Gedenkstätte, die bislang für jedes Projekt gesondert Bundesmittel beantragen musste, bedeutet dies einen Gewinn an Planungssicherheit – und eine Verbesserung des Services. Denn ein Großteil des Geldes geht in die pädagogische Arbeit: Eine zusätzliche Stelle wurde hierfür eingerichtet, die Zahl der Projekte erhöht. Zudem zahlen die rund 1.200 Schulklassen, die die Gedenkstätte jährlich aufsuchen, nur noch halb so viel.

Diesen Fokus habe man bewusst gewählt, da die Betreuung junger Besucher mit wachsendem zeitlichem Abstand zum Holocaust wichtiger werde, sagt der stellvertretende Gedenkstättenleiter Wolfgang Stiller. Zudem habe sich die Klientel verändert: „In den Schulklassen sind inzwischen bis zu 60 Prozent Migranten, die nur schwer den Zugang zu diesem Kapitel deutscher Geschichte finden“, sagt Stiller. „Da geht es dann eher darum, anhand der Vorgänge in Neuengamme allgemeine Menschenrechtsfragen zu diskutieren.“ Daneben modernisiere man das mediale Angebot für Kinder und Jugendliche: Vor drei Tagen wurde ein neuer Medienraum eröffnet, den Projektgruppen nutzen können, die das Gelände mit Videokameras erkunden wollen.

Projektgebunden sind die neuen Bundesmittel, die ein Drittel des Neuengammer Budgets ausmachen, allerdings nicht: Hierüber entscheidet die Gedenkstätte jedes Jahr selbst; in Form eines Wirtschaftsplans muss die Verwendung der Gelder für das Folgejahr lediglich formal bei einem neu geschaffenen Gremium beantragt werden, in dem Bund und Land ein Mitspracherecht haben. „Ein Teil des Geldes werden wir zum Beispiel in den Unterhalt unserer 15 alten Gebäude stecken“, sagt Stiller. „Deren Instandhaltung ist ein ständiges Problem, und bisher fehlten uns dafür oft die Mittel.“ Denn die zwei Millionen, mit denen das Land die Gedenkstätte institutionell fördert, reichten dafür nicht.

Eine durchweg erfreuliche Nachricht also, findet Stiller – bis auf einen Pferdefuß: „Wenn das Land aus der Förderung aussteigt, wird es auch der Bund tun. Aber damit“, sagt Stiller, „ist wohl vorerst nicht zu rechnen“. PS