BERLUSCONIS UN-POLITIK ÄRGERT DEUTSCHLAND UND HILFT ITALIEN NICHT
: Mittelmächtig nutzlos

Die feine diplomatische Art war das nicht, als Italiens UN-Botschafter Marcello Spatafora gegen das Streben der „G 4“ nach neuen Sicherheitsratssitzen Front machte. Spatafora beschwerte sich da über „Erpressungsmanöver“ und „finanziellen Druck“ der G 4 auf afrikanische Staaten – und hat damit vor allem Deutschland gemeint, auch wenn der Botschafter es nicht beim Namen nannte.

Hierzulande mag die hitzige italienische Reaktion erstaunen. Sagt Außenminister Fischer nicht immer wieder, der feste deutsche Sitz im Sicherheitsrat werde in Wirklichkeit gar nicht für Deutschland, sondern für Europa reklamiert? Eben daran mag Italien nicht glauben. Das Land beansprucht seit je, neben Frankreich, Großbritannien und Deutschland zu den vier Großen in der EU zu gehören – schon wegen der Bevölkerungsstärke, der Wirtschaftskraft oder des Engagements bei internationalen Militäreinsätzen. Kämen die Deutschen nun in den Sicherheitsrat, würde Italien zur Mittelmacht auf der Höhe Spaniens und Polen degradiert.

Deshalb findet die rüde Offensive der Regierung Berlusconi gegen Deutschlands UNO-Begehrlichkeiten auch die volle Unterstützung der Opposition. Ein Regierungswechsel in Rom bei den Wahlen nächstes Jahr würde am Konfrontationskurs gegen Berlin keinen Deut ändern. Keinen Deut ändern würde der durchaus wahrscheinliche Sieg Italiens in der UN-Vollversammlung aber auch an dem schon lange anhaltenden schleichenden Abstieg Italiens in der EU. Das Land will nicht Mittelmacht sein – und wird doch schon so behandelt.

Wenn Frankreich, Deutschland, Großbritannien gegenüber Iran in der Atomfrage aktiv werden, wenn Schröder, Chirac und Blair vor wichtigen EU-Terminen zu Dreiergipfeln zusammentreffen, dann bleibt Italien außen. Und das nicht zuletzt wegen Berlusconi: Seine Regierung lässt jegliche europäische Vision vermissen, als außenpolitische Linie gilt Nibelungentreue zu den USA. Nur, George W. Bush kann Italien zwar helfen, einen deutschen Sicherheitsratssitz zu verhindern – nicht aber das Land in der EU aufzuwerten. MICHAEL BRAUN