Neuer Pakt der Luftverschmutzer

Australien und USA arbeiten an einem Klimabündnis als Alternative zum Kioto-Protokoll. Auch sie wollen die Treibhausgase reduzieren – aber nur, solange die Wirtschaft nicht darunter leidet. China, Indien und Südkorea sollen auch mitmachen

AUS CANBERRA URS WÄLTERLIN

Australien und die USA arbeiten an einem eigenen Klimabündnis als Alternative zum Kioto-Protokoll. Wie der australische Umweltminister Ian Campbell gestern erklärte, wollen die Regierungen beider Länder in Kürze Einzelheiten zu einem „Klimapakt“ vorstellen, zu dem auch China, Indien und Südkorea eingeladen worden seien. Das bestehende Kioto-Protokoll, das die Mitgliedsstaaten darauf verpflichtet, den Ausstoß von Treibhausgasen zu reduzieren, betreffe „nur etwa ein Drittel der weltweit produzierten Schadstoffe“, so Campbell. „Wir brauchen etwas Größeres, Praktischeres, was bessere Chancen auf Erfolg hat.“

Die Vereinigten Staaten und Australien sind die einzigen großen Industrienationen, die sich weigern, das Kioto-Protokoll zu unterschreiben. Gleichzeitig haben sie pro Kopf der Bevölkerung den höchsten Ausstoß an klimaschädigenden Gasen unter allen Industriestaaten.

Das neue Abkommen habe zum Ziel, Treibhausgase zu reduzieren, dabei aber Wirtschaft und Industrie nicht zu schädigen, sagte Campbell weiter. Sowohl der amerikanische Präsident George Bush als auch der australische Premierminister John Howard sind strikt gegen alle schadstoffreduzierenden Maßnahmen, wenn die Gefahr besteht, dass die Wirtschaft ihrer Länder darunter leiden würde. Australien ist die weltweit wichtigste Quelle von Kohle, durch deren Nutzung als Brennstoff Treibhausgase entstehen. Das Land exportiert pro Jahr etwa 135 Millionen Tonnen Kohle, den Großteil davon nach Asien. China hat sich dank seiner starken Konjunkturentwicklung innerhalb kurzer Zeit zu einem der wichtigsten Abnehmer australischer Kohle entwickelt.

Laut Campbell würden sich die Mitglieder des neuen Paktes auf „technologische Maßnahmen“ zur Reduktion von Schadstoffen konzentrieren. „Die Vergasung von Kohle, die Lagerung von Abgasen im Boden, effiziente erneuerbare Energien – es gibt ein ganzes Portefeuille von Technologien“, sagte der Minister.

Die Meldung kommt am Tag nach der Veröffentlichung einer wissenschaftlichen Studie. Diese warnt vor dramatischen klimatischen Veränderungen (siehe Fotobox), die Australien in den kommenden Jahrzehnten bevorstünden. Umweltorganisationen reagierten mehrheitlich negativ auf die Ankündigung Campbells, da der Pakt mit großer Wahrscheinlichkeit nicht bindend für die Mitgliedsländer sei. Der Präsident der Gruppe Australian Conservation Foundation dagegen findet es „ermutigend“, dass China und Indien eingeschlossen werden sollen. „Wenn diese beiden Volkswirtschaften weiter wachsen, werden sie sehr substanzielle Produzenten von Schadstoffen sein.“

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