SCHÄUBLE ERKLÄRT DIE CDU-AUSSENPOLITIK LIEBER BUSH ALS DEN WÄHLERN
: Verhältnis zu den USA – kein Thema

Wolfgang Schäuble hat die Grundzüge der Außenpolitik einer CDU-geführten Bundesregierung erklärt – in Washington, nicht in Deutschland. In der CDU ist die Angst groß, eine zu enge Bindung an die – in der Bevölkerung unpopuläre – Regierung Bush könne sich am 18. September doch noch negativ auf das Wahlergebnis auswirken.

Dabei ist, was Schäuble da wenigstens öffentlich zum Besten zu geben hatte, nicht mal ein Signal von unbedingter Gefolgschaft im Sinne alten transatlantischen Verständnisses, sondern vor allem ein Offenbarungseid außenpolitischer Ratlosigkeit, wie mit der irgendwie neuen Rolle Deutschlands nun eigentlich umzugehen sei. Die allerdings müsste sogar eine neu aufgelegte Rot-Grün-Regierung neu definieren, denn ihre beiden wesentlichen strategischen Vorhaben sind gescheitert beziehungsweise im Scheitern begriffen: die politische und eben auch außenpolitische Einigung Europas unter der Führung Frankreichs und Deutschlands als Gegengewicht zu den USA, ferner der ständige Sitz Deutschlands im Weltsicherheitsrat.

Die Sogkraft des deutsch-französischen Bündnisses hat sich auch schon vor dem gescheiterten Verfassungsreferendum als zu gering herausgestellt und die innereuropäischen Spaltungen als zu groß, als dass sich irgendeine deutsche Regierung freiwillig erneut in einen so hart geführten Konflikt mit den USA begeben würde wie vor dem Irakkrieg. Zwar würde auch eine zukünftige Bundesregierung jeglicher Couleur sich nicht mit eigenen Truppen an einem Irakkrieg beteiligen. Aber wem die Vision abhanden gekommen ist, mit Hilfe von EU und UNO eine zivile Alternative zu Washington anbieten zu können, der agiert vorsichtiger als Schröder und Fischer 2002/2003.

Die CDU hat den unmittelbaren Vorteil, diese Vision ohnehin nie geteilt zu haben – und den Nachteil, keinerlei eigenen Alternativen aufzeigen zu können, die sich nicht doch im Ergebnis als Vasallentreue zu Washington interpretieren ließen. Aus diesem Dilemma wird sie während des Wahlkampfes nicht mehr herauskommen. Und so gilt bei Opposition wie Regierung: Außenpolitik? Kein Thema. BERND PICKERT