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meinungsstark

Das Wir war nur ein Ich

„Konfusionen durch Corona: Es ist zum In-die-Tastatur-Beißen“, taz vom 1. 6. 20

Seit jeher leistet die Angst und die Unzufriedenheit den meisten von uns täglich Gesellschaft. In den letzten unerwartet schweren Tagen vermögen wir sie plötzlich deutlicher zu spüren, da uns mehr Zeit zur Verfügung steht. In der Tat haben wir immer etwas zu meckern und etwas zu befürchten. Bald sind es diese vertrauten oder unvertrauten Fremden, die uns unser Glück, unseren Wohlstand, unsere nationale Identität, unsere Muttersprache, unser Land rauben werden. Bald sind es die unsere Kindheit und unser erwachsenes Leben prägenden Erlebnisse, die unseren Weg mit Dornen besäen und uns keine Ruhe schenken. Dabei geht es fast ausschließlich um uns – um mich! Die Schicksale der anderen stellen nur ein Intermezzo dar in der Aufführung, die in unserem täglichen Leben stattfindet. Und wenn wir dazu aufgefordert werden, in unseren Bleiben ohne Freunde, Gelächter und Vergnügungsmomente zu sein, verspüren wir diese tiefe und unbändige Angst vor uns selbst, vor unserem Narzissmus und brennenden Egoismus, vor der fehlenden Selbstdisziplin. Und dann kommt siegesreich der bittere und zugleich lehrreiche Moment, wo einem unbezweifelt klar wird, dass bis dato das Wir ein Ich war. Andreas Lampetis, Hamburg

Die Babyboomer und das Klima

„Planetarer Generationenvertrag: Nicht okay, Boomer“,

taz vom 31. 5. 20

Sehr geehrter Herr Unfried, über Ihren Artikel habe ich mich sehr geärgert. Als Jahrgang 1956 gehöre ich – ohne mein Zutun – zur Babyboomer-Generation, allerdings zu der weiblichen. Lösungen der Klimakrise wie auch der Coronakrise sollten nicht zu einem Generationenkonflikt stilisiert werden. Alle Boomer (schon das Wort ist fragwürdig!) sind keineswegs nur Ich-bezogen und ihnen ist nicht schnurz, was nachfolgt. Wir haben Kinder, Enkelkinder und vielleicht irgendwann auch Urenkel und es ist uns sehr wichtig, dass auch sie in einem lebenswerten Umfeld groß werden. An die Politiker, Lobbyisten und Entscheider dieser Welt muss der Appell gerichtet werden, die Zukunft nachhaltig zu gestalten und Verantwortung für die nachfolgende Generation zu übernehmen und entsprechend zu handeln. Wir bemühen uns im Privaten genau darum. Ich halte Ihnen zugute, dass Sie vielleicht gerade diese Provokation beabsichtigt haben. Dann wäre es Ihnen gelungen, denn ich habe mich angegriffen gefühlt.

Heidrun Lutterbüse, Welver-Borgeln

Nur Abiturienten „systemrelevant“?

„Kinder in der Coronakrise: Von wegen coole Freiheit“, taz vom 28. 5. 20

Das ganze 4. Schuljahr ist häufig geprägt vom Ziel, auf das Gymnasium zu kommen. Einen Marathon von im Schnitt 22 Probearbeiten galt es für die Schüler/innen bis Mitte April zu meistern. Hyperventilierende Kinder vor den Proben und weinende Kinder nach deren Herausgabe sind keine Seltenheit. Wie steht es um das Wohl und den Selbstwert dieser Kinder? Stundenlanges Büffeln jedes Wochenende, Nachhilfeunterricht, Lerncamps in den Ferien, nur um auf das Gymnasium zu kommen! Kinder im Alter von neun Jahren klagen über Kopf- oder Bauchschmerzen, bekommen Panikattacken, lassen depressive Züge erkennen oder zweifeln an sich selbst. Alle Kinder der Klasse leiden mit. Es erfordert anscheinend eine große Portion Mut für Eltern zu sagen: „Mein Kind geht nicht auf das Gymnasium.“ Für die Kinder ist dies jedoch meist eine große Erleichterung. Sie dürfen Kind sein und haben die Chance auf ein unbeschwertes Lernen. Dank der breit gefächerten Möglichkeiten nach dem Qualifizierten Mittelschulabschluss oder der Mittleren Reife können sie für sich oft deutlich schonender die Hochschulreife erlangen. Dieses Szenario ist eine schallende Ohrfeige für alle engagierten Grundschullehrkräfte, die sich um eine kindgerechte Pädagogik bemühen. Doch vielleicht birgt „Corona“ die Chance eines Paradigmenwechsels und die Erkenntnis, dass nicht nur Abiturienten systemrelevant sein können. Petra Böhm, München

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