: Die Parole ist strafbar
Nicht gegendarstellungsfähig (XIII): Eisenbergs juristische Betrachtungen. Heute: „Ruhm und Ehre der Waffen-SS“
Selbst die seriöse Süddeutsche Zeitung führte ihre Leser auf der Homepage vom 28. Juli mit der Schlagzeile „Die Parole ‚Ruhm und Ehre der Waffen-SS‘ ist legal“ in die Irre. Kein Wunder, dass zahlreiche Dauer- und Regelbetroffene Strafbarkeitslücken wähnten oder gar dem Bundesgerichtshof vorwarfen, zukünftig mit seinem Freispruch NS-Propaganda zu ermöglichen.
Ein flüchtiger Blick in das geltende Strafgesetz belehrt aber: Die Parole „Ruhm und Ehre der Waffen-SS“ ist strafbar, und zwar nach dem im März diesen Jahres neu eingeführten Abs. 4 des § 130 StGB. Wenn jemand den öffentlichen Frieden stört, indem er „öffentlich in einer die Würde der Opfer verletzenden Weise“ die „nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft verherrlicht“, dann ist er zu bestrafen. Nazis verkünden solche Parolen nicht heimlich und in ihren vier Wänden, sie verbreiten sie öffentlich. Das macht die Parole erst interessant. Sie verbreiten sie aus gegebenen Anlässen, etwa während Kundgebungen oder Demonstrationen, die sich mit dem NS-Faschismus und seinen Verbrechen beschäftigen, mit Opfergedenken oder Ähnlichem.
In all diesen Fällen ist die Verwendung dieser Parole nicht „legal“, sondern illegal und strafbar, und zwar aufgrund der von Rot-Grün veranlassten Gesetzesverschärfung. Der BGH hat nichts anderes gemacht, als das Justizgrundrecht „nulla poena sine lege“, keine Strafe ohne Gesetz, auch für die Nazis gegen eine Gefälligkeitsrechtsprechung der Instanzgerichte durchzusetzen, die öffentlichem Verurteilungsdruck nachgegeben und in grober Weise das Recht verletzt haben.
Den Kritikern der BGH-Entscheidung, unter denen Einzelne sich nicht entblöden, für Nazis Einschränkungen der durch die Verfassung geschützten Meinungsäußerungsfreiheit zu fordern, muss entgegen gehalten werden, dass Grundrechte unteilbar sind und sich gerade gegenüber den Feinden der Grundrechtsordnung bewähren müssen. Und neue Gesetze sollten nicht gefordert werden, wenn es neue Gesetze bereits gibt (die auf die Taten der vom BGH Freigesprochen wegen des Rückwirkungsverbots allerdings nicht angewandt werden konnten).
JONY EISENBERG ist Strafverteidiger und Presseanwalt in Berlin