Nicht verpassen!
: Der Tod wartet

„Morden im Namen der Ehre“, 20.50 Uhr, Arte

Der Mord an der Berlinerin Hatun Sürücü hat auch bei uns die Aufmerksamkeit auf archaisch anmutende Sitten in der muslimischen Community gerichtet: der Tötung weiblicher Familienmitglieder, wenn sie sich den moralischen (und sexuellen) Gesetzen des eigenen Clans verweigern. Arte hat hierzu einen Themenabend vorbereitet – wichtigster Beitrag ist die Reportage „Mein Vater will mich umbringen – Frauen auf der Flucht vor Ehrenmorden“ von Kadriye Acar und Valentin Thun. Sie haben die 40-jährige Fatma Bläser nach Ostanatolien begleitet, wo sie aufwuchs – und wo es, bis heute, keine Frage ist, dass eine Frau, die sich mit Fremden einlässt, Strafe verdient, am ehesten den Tod. Aber auch andere Schicksale, aus Paris, aus Istanbul, haben die Autoren aufgespürt. Sie hören dem Weinen der Frauen zu, die es geschafft haben – und doch gescheitert sind, weil sie nun zwar frei, aber auch ausgestoßen sind: und stets in Gefahr, doch noch ermordet zu werden. „Ja“, sagt eine Frau, „ich bin dem Tod entkommen, aber ich warte immer noch auf den Tod.“ Acar und Thun haben einen sehr ruhigen, sehr berührenden und sehr erhellenden Beitrag zur Debatte um die Schieflagen des Multikulturalismus gefertigt: Dass gerade MigrantInnen, die sich dem Familiengesetz entziehen, jeden Schutz verdienen – weil sie ihn (auch durch die meist ja gutgesinnte Mehrheitsgesellschaft) längst nicht hinreichend erhalten. JAF