piwik no script img

Doppelter Seitenwechsel

Der NDR zeigt den zweiten Teil einer Doku über die Transmänner Marino und Fabian beim Hamburger Fußballverein Grün-Weiß Eimsbüttel

Von René Martens

Augen auf bei der Penisersatz-Wahl! Zu Beginn des Films „Testosterongesteuert (2)“ sehen wir den Transmann Marino, 24, wie er bei einer Epithetikerin Prothesen-Modelle prüft: Welche Härte soll’s sein? Stimmt die Haptik? Sogar seine Mutter ist bei der wichtigen Entscheidung dabei. „Vielleicht kann die Mama mal anfassen und schauen, ob das okay ist“, sagt die Epithetikerin Sofia Koskeridou.

Der Einstieg ist hoch komisch, aber das Thema Epithese ist, wie sich im Laufe des Films herausstellt, für Marino auch bedrückend: Dreimal stellt er bei seiner Krankenkasse vergeblich einen Antrag auf Kostenübernahme.

Die Dokumentation, am Sonntag in der Reihe Sportclub Story des NDR Fernsehens zu sehen, ist die Fortsetzung des Films „Testosterongesteuert: Wenn aus Fußballerinnen Männer werden“ von 2017. Seit mittlerweile dreieinhalb Jahren begleiten Ina Kast und Anne Strauch Fabian und Marino, zwei in einem weiblichen Körper geborene Transmänner, auf ihrem Weg. Beide stammen aus einer Frauenfußballmannschaft von Grün-Weiß Eimsbüttel. Marino ist jetzt Trainer des Teams, hat also in zweifacher Hinsicht die Seiten gewechselt. Während der Dreharbeiten für den zweiten Film outet sich eine weitere Spielerin als Transmann.

Bei einem Sommerturnier für gemischte Mannschaften kann Marino wieder für Grün-Weiß auflaufen. Die Truppe, die aus Frauen, einer Transfrau und drei Transmännern besteht, fragt sich: Soll man in der Selbstdarstellung den Trans-Aspekt herausstellen, um ein Zeichen zu setzen? Das Team entscheidet sich dagegen. Er wolle „als normaler Mann gesehen“ werden und nicht immer auf seine „Vorgeschichte“ aufmerksam machen, sagt Marino.

Zu behaupten, dass die Regisseurinnen nahe dran sind an ihren Protagonisten, wäre untertrieben. Die Kamera ist sogar im Operationssaal dabei – kurz bevor Fabian die Gebärmutter und die Eierstöcke entfernt werden. Der TV-Sportjournalismus im Fernsehen hat nicht den besten Ruf, aber hier gelingt die leichtfüßige Darstellung eines komplexen Themas.

„Sportclub Story – Testosterongesteuert (2)“: So, 23.35 Uhr, NDR Fernsehen

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen