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Politik ohne Handschlag

In Zeiten der Corona ändert sich die Grußkultur

„Das Schütteln fremder Hände gehört zum Job von Politikern wie die Wurst zum Metzger“, umriss dpa gestern etwas wurschtig das Aufgabengebiet des gemeinen Volksvertreters. In Zeiten der Corona gelten Politiker mit ihrer Zwangsnähe zum ungewaschenen Volkskörper natürlich als Seuchenvögel mit erhöhtem Infektionsrisiko. „Verweigern die Abgeordneten jetzt den Handschlag?“, bangte darum die Agentur, um sogleich mit faszinierenden Innenansichten aus der seuchenpräventiven Grußpraxis der Bundestagsabgeordneten aufzuwarten. „Ob wir uns gar nicht begrüßen oder mit Ghettofaust oder mit Winken oder wie auch immer, das steht jedem und jeder frei“, gab die grüne Grußbeauftragte Katrin Göring-Eckardt ebensolches Licht für den innerparteilichen Individualgruß, während Amira Mohamed Ali ihrer Linken „vernünftige Handhygiene“ verschrieb. Notfalls können Linke und Sozialdemokraten auf den berührungsfreien Soz’n-Gruß der Faust zurückgreifen, während Liberalen nur der Aktionärsgruß bleibt – der Kniefall vorm größten Shareholder. Die AfD will laut ihrem Sprecher vorerst beim Handschlag bleiben, „um nicht allzu viel Verunsicherung zu promovieren“. Allerdings spürt man in der Fraktion wieder dieses infektiöse Jucken im rechten Arm.

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