heute in bremerhaven: „Eskalation trägt zur Aufmerk-samkeit bei“
Nina-Kathrin Wienkoop, 33, ist Politikwissenschaftlerin, Ethnologin und leitet am Deutschen Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung das Projekt „Engagement und Zugehörigkeit“.
Interview Alina Götz
Taz: Frau Wienkoop, warum ist Fridays for Future so erfolgreich?
Nina-Kathrin Wienkoop: Was verstehen Sie denn unter Erfolg?
Mediale Aufmerksamkeit, hohe Teilnehmendenzahl…
Eine Form des Erfolgs ist tatsächlich die Mobilisierung, also wie viele Menschen ich auf die Straßen bekomme. Mediale Aufmerksamkeit wird häufig durch den Mobilisierungserfolg bedingt. Hier hat es Fridays for Future geschafft, eine gewisse Größe zu erreichen. Massendemonstrationen schneiden medial aber immer besser ab, weil sie sichtbarer sind. Erfolg von numerisch kleineren Aktionen ist eher ein Hervorstechen, zum Beispiel durch Stören des Verkehrsflusses, das Blockieren von Waldrodungen oder durch Besetzungen.
Heißt das, je radikaler, desto erfolgreicher?
Nicht unbedingt. Und was bedeutet radikal überhaupt? Störender Protest ist ja nicht zwangsläufig in seinen Forderungen radikal, genauso können radikale Forderungen friedlich protestierend vertreten werden. Eine Eskalation trägt auf jeden Fall zur Aufmerksamkeit bei, aber die passiert selten allein durch die Protestierenden, sondern auch durch Gegner*innen oder Polizei. Und mediale Aufmerksamkeit ist ja auch nicht per se positiv.
Können Sie ein Beispiel nennen?
Input und Austausch „Gefühle und Protest“, 19 Uhr, Volkshochschule Bremerhaven, Lloydstraße 15
Die Berichterstattung der Proteste rund um G20 in Hamburg war meiner Meinung nach sehr stark auf die Eskalationen fokussiert. In meinem Bekanntenkreis – ich komme aus Hamburg – gab es dann vorwiegend eine kritische Haltung zu den Protestierenden und zwar zu der ganzen, vermeintlich homogenen Gruppe. Es ging da aber nicht um ihre Forderungen, nur um die Gestalt des Protests.
Welche Rolle spielen unsere Gefühle?
Unsere Gefühle können sowohl zu einer Mobilisierung, als auch zu einer Demobilisierung beitragen. Die wahrgenommenen Erfolgsaussichten sind dabei ganz relevant.
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