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Brigitte Werneburgschaut sich in Berlins Galerien um

Sie stellt nicht zum ersten Mal in der Galerie Judin aus. Unter dem Namen Mihut Boscu Kafchin war sie Teil der Gruppenschau „Cluj Connectiuons 3D“ über Maler:innen aus der rumänischen Kunstschmiede, der Stadt Cluj. Damals arbeitete sie als Künstler anders, zeigte eine große Assemblage aus Altmetall. Jetzt, mit ihrer ersten Einzelausstellung, konzentriert sich Hortensia Mi Kafchin ganz auf die klassische Leinwandmalerei, freilich mit der ganz und gar nicht klassischen, dafür hochaktuellen Thematik ihrer geschlechtlichen Transformation zur Frau. Und so kommt der Operationssaal ins Bild. Doch wenigstens so schwierig wie der chirurgische und hormonelle Umbau des Körpers, ist das neue Leben in und mit ihm. Die Sorge zu alt für ihren Neuanfang zu sein, thematisiert Kafchin im Großformat „Ana Aslan“, das die einstmals für ihre Anti-Aging-Therapie berühmte rumänische Ärztin Ana Aslan als schwebendes Gesicht über dem Mikroskop zeigt. Der wunderbar zeitgenössische Surrealismus frei flottierender Körperteile besticht ein weiteres Mal in der großartigen Leinwand „Social Anxiety“, einem Selbstporträt der Künstlerin auf der Flucht vor dem kritischen Blick eines Rudels geflügelter Augäpfel (bis 11. April, Galerie Judin, Potsdamer Str. 84, Di-Sa 11-18 Uhr).

Ist das „Seestück“ nicht ein Genre vergangener Jahrhunderte? Gut, man kennt welche von Gerhard Richter. Aber das ändert wenig am irgendwie deplatziert wirkenden Titel der aktuellen Gruppenausstellung bei Vincenz Sala. Merkwürdig deplatziert setzt dann auch Hendrik Krawen seine bis ins Detail minutiös gemalten Riesentanker und Containerschiffe auf die monochrom grünliche Leinwand: An die untere Bildkante als ob sie aus seinen Großformaten gerade nach unten rutschten – immerhin aber noch Schiff genug, um als Seestück durchzugehen. Denn dieses zielt nicht aufs Meer als solchem, sondern auf die Schiffe, die sich auf ihm tummeln. Szenen davon in der Manier von William Turner hat Pablo D’Antoni auf den Kopf von Reißzwecken gemalt. Da ist das Smartphone ein Gottesgeschenk, denn mit ihm lassen sich die Schiffe, Hafen und Häuser so heranzoomen, dass man all das in seiner Kunstfertigkeit wirklich studieren kann. Auch diese Motive sind deplatziert, ist ihr Ort doch die große Leinwand, die dann Historiengemälde ist. Entscheidender Witz kommt von Tilo Riedels mächtigem Modell eines Kreuzfahrtschiffes, das aus den Inneneinfassungen von Gläserkartons besteht. Ein zweites Boot mit Opferkerzen erkennt die Not der christlichen Seefahrt. (bis 14. März, Vincenz Sala, Sigmaringer Str. 23, Mi-Fr 15-19 Uhr).

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