Europäische Union droht Iran

EU-Troika kündigt bei Inbetriebnahme der Atomanlage in Isfahan Abbruch der Verhandlungen an. Iran bleibt stur: „Die Wiederaufnahme ist unumkehrbar“

BERLIN taz/rtr ■ Die Europäische Union (EU) hat dem Iran im Atomstreit gestern mit dem Abbruch der Vermittlungsgespräche gedroht. Sollte der Iran die ausgesetzten Atomaktivitäten wieder aufnehmen, „hätten wir nur die Möglichkeit, andere Vorgehensweisen anzuwenden“, kündigten Deutschland, Frankreich und Großbritannien sowie EU-Chefdiplomat Javier Solana in dem Brief an Irans Chefunterhändler Hassan Rohani an. Eine Möglichkeit wäre die Einschaltung des UN-Sicherheitsrates, der dann Sanktionen gegen den Iran verhängen könnte. „Wir appellieren daher an den Iran, nicht die ausgesetzten Atomaktivitäten wieder aufzunehmen oder andere einseitige Schritte zu unternehmen.“

Doch bislang scheint der Iran nicht bereit einzulenken. So erklärte der Vizechef der iranischen Atomenergieorganisation, Mohammad Saeedi, die Arbeit an den Brennstoffen in Isfahan werde in ein bis zwei Tagen begonnen, wenn die Internationale Atomenergiebehörde IAEA ihre Überwachungseinrichtungen installiert habe. Zuvor hatte ein Sprecher des Obersten nationalen Sicherheitsrats gesagt, die politische Entscheidung, die Atomanlage wieder in Betrieb zu nehmen, sei gefallen. „Die Wiederaufnahme ist unumkehrbar.“

In der Atomanlage wird aus Uranerz ein Gas gewonnen, das zur Herstellung von hoch angereichertem Uran genutzt werden kann. Die Produktionsstätte in Isfahan war von der IAEA versiegelt worden. Teheran hatte bereits am Montag die Behörde aufgefordert, die Siegel unverzüglich zu entfernen.

Zugleich beteuerte die iranische Regierung, die Wiederaufnahme der Atomaktivitäten seien „kein feindlicher Akt“ gegen die Europäer, mit denen Iran seit zwei Jahren über sein umstrittenes Atomprogramm verhandelt. Deutschland, Frankreich, Großbritannien, die im Auftrag der EU mit Iran verhandeln, fordern die dauerhafte Aussetzung der Urananreicherung. Demgegenüber beharrt Iran auf seinem Recht, die Atomtechnologie weiterzuentwickeln.

„Wir sehen die Europäer als unsere Partner an“, sagte ein Regierungssprecher. Der Weg der Verhandlungen bleibe offen. Bei den Arbeiten in Isfahan handele es sich nicht um Urananreicherung, sondern lediglich um die Konversion des Elements, einer Vorstufe der Anreicherung.

Die Entscheidung Teherans, das Atomprogramm wieder aufzunehmen, stieß auch bei den USA auf scharfe Kritik. Die US-Regierung drohte erneut mit der Einschaltung des UN-Sicherheitsrats. „Wir haben immer wieder betont, dass wir zum Sicherheitsrat schauen, wenn sie (die Iraner) ihren Verpflichtungen nicht nachkommen“, sagte der Sprecher des Weißen Hauses, Scott McClellan. Außenamtssprecher Tom Casey erklärte, die USA wollten umgehend in Beratungen mit Deutschland, Großbritannien und Frankreich eintreten. Auch die IAEA in Wien werde konsultiert.

Indes scheint die innenpolitische Entwicklung im Iran die Befürchtung zu bestätigen, dass das Land einen härteren außenpolitischen Kurs als unter dem scheidenden Präsidenten Chatami ansteuert. Der neu gewählte Staatschef Mahmud Ahmadinedschad nominierte den konservativen Politiker Ali Laridschani als neuen Außenminister.

Der 48-jährige Laridschani war ein ausgesprochener Gegner der Reformpolitik Chatamis. Er leitete von 1994 bis 2004 den staatlichen Fernsehsender IRIB. Zuvor hatte er unter der Präsidentschaft von Haschemi Rafsandschani als Kultusminister gedient. Laridschani, der zu den radikal-konservativen Islamisten zählt, befürwortet die kompromisslose Wiederaufnahme des Atomprogramms.

Gestern wurden in Teheran mehrere Anschläge verübt. Vor den Büros der Fluggesellschaft British Airways und des Autokonzerns DaimlerChrysler explodierten Bomben. Menschen wurden nicht verletzt, es entstand erheblicher Sachschaden.

BAHMAN NIRUMAND