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Archiv-Artikel

JÜRGEN GOTTSCHLICH ÜBER DEN AUSGANG DER IWF-TAGUNG IN ISTANBUL Profiteur der Wirtschaftskrise

Wenn es bisher einen Gewinner der Weltwirtschaftskrise gibt, dann ist es der Internationale Währungsfonds (IWF). Vor Ausbruch der Krise sah es schlecht aus für die Propheten des Neoliberalismus aus Washington. Kaum noch ein Land wollte sich dem Diktat des sogenannten Washingtoner Konsenses beugen und nach den immer gleichen Auflagen seine Sozialausgaben streichen, seine staatseigenen Betriebe für Wasser, Elektrizität und Transport privatisieren und vor allem anderen seinem Schuldendienst nachkommen. Lateinamerika schüttelte den IWF ab, die asiatischen Staaten zogen ihre eigenen Schlüsse, und als letzter großer Kunde des IWF blieb die Türkei – die aber auch die Zusammenarbeit mit dem Fonds beenden wollte.

Heute, ein Jahr nach der Pleite von Lehman Brothers, sieht alles anders aus. Der IWF rühmt sich, in der Stunde der Not die einzige Institution gewesen zu sein, die die politische Absichtserklärungen in Taten umsetzen konnte und somit etliche Länder vor dem Kollaps bewahrt hat. Die Staaten der G 20 haben die Kassen des IWF mit etlichen Notfonds aufgefüllt, noch nie hatten die Banker in Washington so viel zu verteilen wie heute.

Auf der Jahrestagung von IWF und Weltbank machten die Führungsriegen beider Institutionen klar, dass sie diese Chance nicht verstreichen lassen wollen. Sie präsentierten ein Konzept, wie sich die neue Machtfülle langfristig absichern lässt. Kosmetische Veränderungen in der Machtverteilung – mit Ausnahme der neuen Schwergewichte China, Brasilien, Russland und Indien, an denen kein Weg mehr vorbeigeht. Dafür will der Fonds künftig möglichst die Währungsreserven der ganzen Welt verwalten. Echte Abstriche an ihrer neoliberalen Ideologie sind kaum erkennbar. Neue Rhetorik ja, aber ansonsten wann immer möglich die alten Forderungen des „freien Marktes“.