: Viehzüchter gegen Agrosprit
EXTREMWETTER Die Dürre lässt in den USA die Skepsis über Biosprit wachsen. Amerikaner haben sich an Ethanol-Beimischung von Benzin längst gewöhnt
WASHINGTON dapd | Wer in den USA von hitzigen deutschen Debatten über E10-Agrosprit berichtet, erntet meist nur verständnislose Blicke. Inzwischen ist in Amerika eine Beimischungsrate von 10 Prozent längst selbstverständlich.
Die USA haben in den letzten Jahren einen wahren Boom an Biokraftstoffen erlebt, von dem insbesondere die Landwirtschaft profitiert hat. Angestoßen wurde das Programm im Jahr 2005 noch unter Präsident George W. Bush. 2007 wurde dann jenes Mengengerüst festgelegt, das die Mineralölfirmen des Landes verpflichtet, rund 57 Milliarden Liter Biokraftstoff pro Jahr unterzumischen. Dies entspricht etwa einem Zehntel des Benzinverbrauchs und macht das Land zum führenden Biosprithersteller. Lediglich Brasilien kann mit ähnlichen Zahlen aufwarten. Dazu wurde eine heimische Produktionskette aufgebaut, die inzwischen Hunderttausende von Amerikanern beschäftigt.
Jetzt allerdings ist der Biokraftstoff auch in den USA zum politischen Streitthema geworden. Die dramatische Dürre wird nach jüngsten Einschätzungen zu deutlich geringeren Ernteerträgen insbesondere bei Mais führen. Vorsichtige Schätzungen sprechen von einem Rückgang von wenigstens 15 Prozent. Vor allem Vertreter von Bundesstaaten, in denen die Tierproduktion eine bedeutende Rolle spielt, verlangen ein Aussetzen der gesetzlichen Zielvorgaben. Inzwischen werden solche Forderungen von über 150 Abgeordneten des Repräsentantenhauses, vornehmlich Republikanern, unterstützt. Auch im Senat hat sich ein Viertel seiner 100 Mitglieder der Forderung angeschlossen.
Der Einsatz von Agrarkraftstoff hat allerdings in den USA eine sehr starke Lobby. Dabei spielen nicht nur die Interessen der Produzenten eine Rolle. Mit der Beimischung erreicht das Land auch eine deutliche Verringerung der Erdöleinfuhr. Die ökologischen Aspekte des Einsatzes von erneuerbaren Energiequellen treten dabei hinter den sicherheitspolitischen zurück.