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Archiv-Artikel

Die Nischenbewohner

KREATIVWIRTSCHAFT Illustratoren gibt es nicht viele und die wenigen, die es gibt, treten selten namentlich mit ihrem Werk in Erscheinung. Deshalb hat Oldenburg das erste Illustratoren-Festival ins Leben gerufen

Die Grenze zwischen freiem Kunstschaffen und Lohnzeichnen wird in beide Richtungen oft überschritten

Ob sie sich nicht gegenseitig Konkurrenz machen würden, werden sie fast immer von Besuchern gefragt, erzählt Norbert Egdorf. Gemeinsam mit neun Oldenburger Kollegen hat er das erste Oldenburger Illustratoren-Festival ins Leben gerufen, und eigentlich beantwortet schon ein schneller Blick in den Ausstellungsraum die Frage: Von Konkurrenz kann kaum die Rede sein. Zu unterschiedlich sind die Ansätze, Techniken und Stile. Und damit auch die Nischen, in denen sich die Illustratoren jeweils bewegen.

Illustratoren, das sind jene Künstler, die Konservenetiketten entwerfen und Computerspielmonster, Bedienungsanleitungen ebenso bebildern wie Infobroschüren, Plakate malen oder ein Logo entwickeln. Dabei bleiben sie zumeist im Hintergrund. „Jeder weiß, welche Agentur hinter ‚Meister Propper‘ steht“, sagt einer. „Aber wer kennt schon den Namen des Illustrators?“

Das liegt vielleicht auch daran, dass Illustratoren „nicht eben besonders extrovertiert sind“, sagt Frieda Mertins. „Das haben sie wohl mit Schreibern gemeinsam.“ Wie diese haben sie, je nach Kunde, mal mehr, mal weniger künstlerischen Spielraum. „Manchmal kann man sich austoben, manchmal ist man regelrecht geknebelt“, sagt Egdorf. Die Grenze zwischen freiem Kunstschaffen und Lohnzeichnen wird in beide Richtungen oft überschritten.

Wie in den meisten Kreativberufen ist es auch hier nicht ganz einfach, Fuß zu fassen. Es gibt überhaupt nur zwei reine Illustratoren-Studiengänge bundesweit, ansonsten wird die Branche meist als Ableger des Grafik-Designs wahrgenommen – aber schließlich könne nicht jeder Grafikdesigner malen, sagt Christian Bartelt, einer der ausstellenden Künstler. Bis man gute Preise erzielen kann, müsse man sich eine gewisse Reputation verschaffen.

Gleichzeitig nimmt der Druck der Verlage zu – und obwohl der Computer ein brauchbares Werkzeug ist, hat der Begriff „Möglichkeiten des Internets“ in dieser Branche einen eher unguten Beiklang: Nicht selten wird eine Illustration lieber günstig mit Photoshop selbst zusammengezimmert, anstatt sie bei einem Profi in Auftrag zu geben. „Das sieht man dann auch im Ergebnis“, sagt Egdorf.

Vor zehn Jahren haben sich die Illustratoren zu dem Verband „Illustratoren-Organisation“ zusammengeschlossen, eine überfällige „politische Stimme“, sagt Gründer Tim Weiffenbach. Bis dahin hatte es für Verlage keinen Ansprechpartner gegeben, mit dem etwa grundlegende Honorarsätze hätten ausgehandelt werden können. Ganz soweit ist man auch jetzt noch nicht, sagen die Oldenburger, dafür gibt der Verband Rechtsberatung oder hilft bei Vertragsfragen.

Wie viele Illustratoren in einer überschaubaren Stadt wie Oldenburg leben und arbeiten, wissen selbst die Ausstellungsmacher nicht genau – auch sie kennen sich erst seit drei Monaten, als die Vorbereitungen für das Festival begannen. Man läuft sich in dieser Branche nicht eben häufig über den Weg und kommt sich damit auch kaum in die Quere: Wer vornehmlich Kinderbücher illustriert, erhält eher selten den Auftrag, Schnapsflaschenetiketten zu zeichnen.

Von den Besucherzahlen des Festivals, das im Wesentlichen aus einer Ausstellung sowie aus Livemusik und Vorträgen besteht, sind die Macher überrascht: Sie seien an manchen Tagen „regelrecht überrannt“ worden, sagt Egdorf. Schnell waren sie sich einig, dass es ein zweites Oldenburger Illustratoren-Festival geben soll, und zwar vielleicht zusammen mit Illustratoren aus der Partnerstadt Groningen. Denn sonst wäre es wenig abwechslungsreich. MAIK NOLTE

bis 24. August, Bauwerk-Halle am Pferdemarkt, Oldenburg