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Archiv-Artikel

Deutsche Geschenke für Usbekistans Diktator

Berlin übergibt Sanitätsmaterial und lobt gute Militärkooperation. Taschkent leugnet weiter Massaker von Andischan

BISCHKEK taz ■ Der deutsche Botschafter in Taschkent Joachim Kinderlen hat vor kurzem dem usbekischen Verteidigungsministerium Sanitätsmaterial aus Beständen der Bundeswehr in Höhe von 280.000 Euro übergeben. Die Schenkung erfolgte aufgrund bilateraler Vereinbarungen turnusgemäß zum siebten Mal und „ist Ausdruck der guten Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Usbekistan auf militärischem Gebiet“, wie es in einer vorab verschickten Presseerklärung der Botschaft heißt.

Die Übergabe der medizinischen Güter erfolgte zehn Monate nach dem Massaker von Andischan und vier Tage, nachdem das usbekische Außenministerium die USA aufgefordert hatte, binnen sechs Monaten die Militärbasis Khanabad im Süden Usbekistans zu räumen. Im Rahmen der Enduring Freedom Mission in Afghanistan unterhält die Bundeswehr auf dem Flughafen im usbekischen Termez einen Militärstützpunkt.

Der im Exil lebende usbekische Oppositionschef Mohammed Solich zeigte sich enttäuscht über den „unverständlichen Pragmatismus“ der Bundesregierung. „Andischan war ein Massaker, und wie von England und den USA hätte ich auch von einem demokratischen Staat wie Deutschland eine deutliche Verurteilung erwartet“, sagte Solich am Telefon. Die Bundeswehr könne an Termez festhalten, Deutschland dürfe aber nicht seine demokratischen Prinzipien gegen Termez eintauschen, fügte der Oppositionsführer hinzu.

Solich war 1992 in Usbekistan Präsidentschaftskandidat der oppositionellen Erk-Partei und musste dann fliehen. Im vergangenen Juni wurde er erstmals in Washington empfangen.

Bis zu 200 Bundeswehrsoldaten sind in der usbekischen Grenzstadt an der afghanischen Grenzstadt zu Afghanistan stationiert. Termez dient als Versorgungs- und Umschlagplatz, um die Standorte der Bundeswehr in Afghanistan zu unterstützen. Anders als die US-Militärbasis in Karschi stehe die Stationierung der Bundeswehr in Usbekistan nicht zu Disposition, heißt es aus dem Verteidigungsministerium. Zudem sei Termez für die Versorgung der Bundeswehr in Afghanistan unverzichtbar und alternativlos.

Der Rauswurf der USA aus Usbekistan erfolgte kurz nach dem Abflug von 439 usbekischen Flüchtlingen aus Kirgisien nach Rumänien. Washington hatte sich zuvor massiv für die „humanitäre Evakuierung“ der Flüchtlinge eingesetzt, die nach der blutigen Niederschlagung des Bürgeraufstands in der usbekischen Stadt in den Süden Kirgisiens geflohen waren. Um das Schicksal der im Gefängnis von Osch verbliebenen 15 Flüchtlinge wird weiter auf höchster Ebene gerungen. „Eine Auslieferung der Männer nach Usbekistan würde gegen jedes internationales Recht verstoßen“, sagt UNHCR-Chef Carlos Zaccagnini in Bischkek.

Usbekistan weicht bisher kein Jota von der vorgegebenen Regierungslinie ab und leugnet weiter das Massaker von Andischan. In einer Presseerklärung des usbekischen Außenministeriums wird die humanitäre Evakuierung der Flüchtlinge als rechtswidrig gebrandmarkt. Die Rettung der Flüchtlinge sei eine „grobe Einmischung äußere Kräfte in die inneren Angelegenheiten“. Usbekistan sieht sich als Opfer „einer Informationsattacke“ und einer Verschwörung.

Dessen ungeachtet sieht die Bundesrepublik keinerlei Veranlassung sowohl die Hilfssendungen an das usbekische Militär als auch den Truppenstützpunkt in Termez zu überdenken. Die Hilfe hätte zudem einen rein humanitären Charakter und komme den Krankenhäusern und Familien der Militärangehörigen zu gute, heißt es dazu aus diplomatischen Kreisen.

MARCUS BENSMANN