berliner szenen: Letzter Aufruf Bärchen
Ich bin meinem Bekannten auf der Grünen Woche den ganzen Tag blind gefolgt. Als er sich verabschiedet, bleiben mir anderthalb Stunden, um jene Honiggummibärchen zu besorgen, die uns Kilometer zuvor irgendwo angelächelt haben.
Gleich zu Beginn lasse ich mich von meinen Landsleuten verführen. Wie gut, dass die Cellistin mit dem vertrauten Indie-Pop aufhört: weiter im Programm! (Für den Gastauftritt meiner Heimat bin ich sowieso ein ganzes Jahr zu spät.)
Trotz meiner Annahme sind bei den Russen keine Bären zu finden. Auf Heuschrecken und Würmer-Flips umsteigen? Ja, selbst Vegetarier müssen sich auf die Apokalypse vorbereiten! Auch das Süßwasser werde immer knapper, so eine Botschafterin des Wissenschaftsjahres zur Bioökonomie. Daher künftig Salzwassermakroalgen (in unseren grünen Smoothies).
An der Zeit, eine Wand hochzugehen? Es sieht gerade niemand zu. Stopp! Ins Fadenkreuz der Schweizer geraten, geht’s weiter zum Apfelschuss à la Wilhelm Tell. Er mag uns zwar keine Befreiung bringen, aber mir Chäs und Schoko.
Blick auf die Uhr: Fünf vor Feierabend. Bye-bye, Bärlis? Nicht doch, da ist er – der Stand einer niedersächsischen Imkerei! Meinen Auftrag ausgeführt, lasse ich mich von meiner Intuition durch die Hallen leiten. Hin zu einer marokkanischen Sandrose. „Letzte Kundin“, murmelt die Verkäuferin.
Auf meinem Weg hinaus eine halbe Stunde nach Ladenschluss machen bei den Ukrainern zwei singende Matrjoschkas weiterhin Stimmung: „Ich trinke selbst, schenke selbst ein!“ Entsprechend angeheitert rätseln in der S-Bahn ein paar Neuruppiner mit einer Messebesucherin über die Jacke, aus der ihre Yakwollsocken gemacht sind. Alles Yakke wie Hose? Ich schmunzle. Selbst kurz vor knapp geht immer noch einiges! Emmi K.
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