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der rote fadenDie D der Woche: Denken, Deckeln und Danke sagen

Foto: David Oliveira

Durch die Woche mit Ebru Taşdemir

Viele große Momente dieser Woche beginnen mit D. Ein toller Buchstabe: Damit beginnen ambitionierte Wörter wie Doppelhaushälfte, Doppel-D, Doppel Whopper. Aber auch auf den ersten Blick nicht so pompöse Wörter wie denken, deckeln oder danke. Falls Sie das hier gerade lesen und Ihr Name mit einem D beginnt: Glückwunsch! Fühlen Sie sich bitte persönlich angesprochen. Schauen wir also zusammen in den Rückspiegel und lassen die vergangene Woche im Geiste des D Revue passieren:

Gedenken

D wie Denken: Komisch, dass manchen Leuten ausgerechnet in den seltsamsten Momenten Dinge einfallen, die sie auch einfach später oder gar nicht gedanklich abseilen könnten. D wie Denken steckt auch in behutsamen Wörtern wie nachdenken, bedenken sowie gedenken. Zur Erinnerung: Das Gedenken ist eine ehrendes Erinnern an eine Person oder an ein historisch schwerwiegendes Ereignis.

Ausgerechnet zum 75. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz bemühen sich zwei Parteimitglieder mit einem D im Namen (CDU und AfD) um den Preis für die grob fahrlässigste verbale Entgleisung der letzten Januarwoche. Anwärter Nummer eins ist CDU-Innenexperte Philipp Amthor. An einen Tag, an dem man der Toten gedenkt, also der 6 Millionen Menschen, die wegen ihres jüdischen Glaubens, weil sie Sinti*za und Rom*nja waren oder queer oder politisch nicht genehm, in Konzentrationslagern industriell ermordet wurden – an einem Tag also, an dem es besser wäre, zu trauern und zu schweigen, lässt Philipp Amthor die Öffentlichkeit Folgendes wissen: „Antisemitismus, das darf man nicht vergessen, ist vor allem in muslimisch geprägten Kulturkreisen besonders stark vertreten.“ Wie er zu der Annahme kommt, verschweigt er lieber, ist sie doch nicht mehr als Geraune; und es ist leichte Alltagsgetrübtheit, wenn man als Innenexperte der Partei das Attentat in Halle im Oktober 2019 verpasst hat.

Antisemitismus

Da springt ihm sogleich der CDU-Experte für alles (seine Büchertitel sprechen Bände! ), Friedrich Merz, bei. Auf Twitter lässt er am Dienstag verkünden: „75 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz erleben wir erneut Antisemitismus – überwiegend von rechts, aber auch durch die Einwanderung von 2015/16. Viele bringen ihren Judenhass mit, der in ihren Heimatländern gepredigt wird. Auch dafür darf es keine Toleranz geben.“ Am folgenden Tag wird Friedrich Merz diese Aussage angesichts des Gedenktags nicht überdacht haben, denn denken ist ja meist etwas für die stille Stube. Und wer kann schon still sein, wenn man für ein Interview angefragt wird? Er wird also seine deplatzierte Meinung beibehalten und in einem Interview mit T-Online sagen: „Zum anderen dürfen wir aber auch nicht aus falsch verstandener Rücksichtnahme den Antisemitismus gewisser muslimischer Kreise leugnen.“

Hauptsache, man hat auf den Muslim/Ausländer gezeigt. Vielleicht nur zur Erinnerung: Antisemitismus gab es auch schon vor den Geflüchteten in Deutschland (oder warum sonst sollte es einen Auschwitz-Gedenktag geben?), und ferner: Antisemitismus gibt es in allen sozialen Schichten und Milieus. Leider. Aber an solch einem Tag auf eine nebulöse Gruppe wie „die Muslime“ zu zeigen, wie gesagt, nach Halle – das ist wirklich D wie dreist.

Mietendeckel

Nun zum Deckel für Berlin. Die „Er kommt, er kommt nicht“-Zitterpartie ist an einem D wie Donnerstag endlich vorbei. Das Berliner Abgeordnetenhaus hat zugestimmt, und nun sitzt der Mietendeckel. Noch nicht ganz fest, denn die CDU droht schon mit Klagen vor dem Verfassungsgericht, aber zumindest gilt er schon ab Februar. Rückwirkend können Mieter*innen in Berlin ihre zu hohen Mieten auf einen gesetzlich vorgegebenen Mietpreis absenken, rückwirkend sogar auf den Stand von Juni 2019.

Gexit

Und das ist der Haken an der ganzen Erfolgs­story, wie sie der Berliner Senat gern sehen würde: Mieter*innen müssen zu hohe Mieten selber einklagen oder sich darauf verlassen, dass ihre Ver­mie­ter*in­nen ihnen keine zu hohen Mieten mehr abknöpfen. Wie Mieter*innen, die sich mit dem Bürokratendeutsch nicht auskennen, das bewerkstelligen sollen, ist nicht ganz klar. Auch könnten Mieter*innen, die ein geringes Einkommen haben, zurückschrecken vor dem Gang zur Anwaltsberatung, da sie mit Kosten verbunden ist. Also eher ein lauwarmes Danke für diesen Deckel.

D wie Das war’s: Nach 47 Jahren verlässt Großbritannien die EU. Großbritannien ist das Land der Ikonen: Lady Diana, Duran Duran, Richard Dawkins. Ob Premier Boris Johnson ebenfalls zur Ikone wird? Nun, er bemüht sich und gibt eine Sondermünze zum Brexit heraus mit der Aufschrift: „Peace, prosperity and friendship with all nations“. Die taz hatte am Freitag übrigens ihren eigenen #Gexit zu verkünden: Chef Georg ­Löwisch geht Ende April zur Zeit und wird dort Chef der „Christ & Welt“. D wie Danke für alles, Georg. Nächste WocheAriane Lemme

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