: Böse Jungs, keine Zeit
Wild Billy Childish singt neuen Bond-Song
Die schlechte Nachricht vorweg: Iggy Pop ist es nicht geworden. Nein, nicht James Bond, das ist immer noch Daniel Craig, zum fünften und wahrscheinlich letzten Mal. Nein, der Sänger des 007-Titelliedes, was ungefähr der Moderation der Präsidentschaftsamtseinführung (Beispiel nur wegen Wortlänge genommen) entspricht, also eine gewaltige Ehre ist. Paul McCartney hat das Titelstück schon gesungen („Yesterday“), Tina Turner („Help!“), U2 („Sunday Bloody Sunday“) oder auch Adele („She’s Madonna“), Iggy Pop hat sich mit dem Stück „James Bond“ beworben, geworden ist es aber – Wild Billy Childish! Der komische Kauz aus England feierte letztes Jahr mit „Bad Guy“ seinen Durchbruch und darf demnächst „No Time to Die“ singen, den neuen Titelsong. Oscar garantiert! Der Titel des Titelliedes nimmt wie üblich viel von der sowieso wie immer ziemlich bescheuerten Handlung vorweg. Spoileralarm: James Bond stirbt schon wieder nicht! Sondern an einem anderen Tag! Er wird nur wieder wie ein alter Ehemann gegen wen Jüngeres ausgetauscht! Also beim übernächsten Bond, der dann nicht mehr Daniel Craig – der mit der Badehose – sein wird. Aber noch etwas anderes fällt auf. „Keine Zeit zu sterben“ erteilt auch den Entschleunigungsfantasien der Degrowth-Bewegung eine herbe Absage. Hatte man beim Anblick der letzten Werbetafeln der Online-Datingplattform Parship noch den Eindruck, die Wirtschaft hätte verstanden und die Zeit wäre inzwischen stehengeblieben – schließlich verliebt sich da ein „Single“ immer noch „alle 11 Minuten“ und eben nicht inzwischen schon alle 9 oder 8 Minuten 30 oder so –, steht der neue „James Bond“ also noch unter dem guten, alten Burn-out-Motto: Wir haben alle keine Zeit, nicht mal, um zu sterben! Der ständige Performancedruck, der neoliberale Erwartungshorizont sind mächtiger als das MI6! Also weiter rühren, immer weiter! Nur nicht schütteln!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen