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Archiv-Artikel

Ein Mann mit Sinn für die große Bühne

Klingt wie Zutaten aus einem antiken Drama: das Vermächtnis des Übervaters, der Machtkampf mit einem Patriarchen, ein rächender Dolchstoß, der die Wende bringt, und am Ende dann die Erfüllung eines Traums. Alles kommt vor in der Geschichte von Mathias Döpfner, der sich als vergleichsweise junger Chef im Axel-Springer-Verlag vor drei Jahren anschickte, den angestaubten Medienkonzern wieder flott zu bekommen.

Dabei hat er das Verlagsgeschäft nicht gelernt. Doch im Hause Springer, in dem man sich in puncto Inszenierungen und Intrigen auskennt, dürfte ihm sein Studium der Theater- und Musikwissenschaften möglicherweise sehr geholfen haben.

Zumindest war nach dem Abgang des farblosen Gus Fischer von der Konzernspitze die Bühne frei. Döpfner besetzte den Platz und füllte die Rolle nach allen Regeln der Kunst aus. Smarter Plauderer bei Empfängen oder Pressekonferenzen, kühler Rechner und Sanierer im Alltagsgeschäft. Kurz nach seinem Amtsantritt wies Springer erstmals einen Verlust aus. Döpfner reagierte, verkaufte Unternehmensteile, legte, vom Protest der Journalisten unbekümmert, Redaktionen zusammen und strich Stellen. Bei allem unterstützt und protegiert von Friede Springer, der mächtigen Witwe des Verlagsgründers Axel.

Dem Übervater ähnelt er zwar äußerlich – in seinem Handeln unterscheidet sich Döpfner aber vor allem in einem Punkt: Er ist weniger Missionar des politischen Konservatismus als vielmehr ein Jünger der Marktwirtschaft. Wer sich Unternehmen als „altruistische Anstalt“ vorstelle, erwarte das Falsche, schrieb Döpfner kürzlich in der Welt. „Profitables Wachstum“ lautet die eiserne Vorgabe im Konzern, mit der er gestern auch die ProSiebenSat1-Übernahme begründete.

Und die vor zwei Jahren auch zum entscheidenden Schlag gegen den schon wankenden Leo Kirch führte, der sich einst bei Springer in eine mächtige Position gedrängt hatte. Döpfner pochte ohne wirklichen Zwang auf einen Vertrag, nach dem Kirch ein von Springer gehaltenes Aktienpaket zurückkaufen musste. Das war der letzte Stoß in die Insolvenz.

Und so mag es ja sein, dass für Döpfner hinter dem Einstieg ins TV-Geschäft tatsächlich vor allem Renditen, Synergien und Potenziale stehen. Für die Frau im Hintergrund, Friede Springer, ging es gewiss auch um die Genugtuung, die Kontrolle über das Lebenswerk des früheren Rivalen zu bekommen. Dass sie in dem letzten Akt des Machtkampfs das öffentliche Handeln lieber dem jugendlichen Helden überlassen hat, ist konsequent. Denn das gehört sich so auf der großen Bühne. STEPHAN KOSCH