piwik no script img

Archiv-Artikel

Laut ohne Strom

STRASSENBAND Wie Pilze schießen radikale Straßenbands in den USA aus dem Boden. Mit der What Cheer? Brigade ist kommt nun ein besonders wüster Vertreter des Genres

Bunt zusammengewürfelt, wild kostümiert und fahnenschwingend

VON ROBERT MATTHIES

Wie Pilze sind sie in den letzten zehn Jahren überall in den USA aus dem Boden geschossen: Aktivistische Straßenbands, die sich von den klassischen Brass Bands New Orleans’ ebenso inspirieren lassen wie sie das Erbe von Klezmer, Balkan-Kapellen, Afro-Bloc-Trommlern und Frevo-Kombos antreten. Bunt zusammengewürfelt, wild kostümiert und fahnenschwingend trommeln und blasen die radikalen DIY-Cheerleadertruppen auf Sozialforen, bei Anti-Kriegs-Protesten und Pride Parades genauso wie bei Kinderfesten und Gemeinschaftsgarteneröffnungen.

Sogar ein eigenes Festival stellen die Revolutions-Spektakel-Bands seit ein paar Jahren auf die Beine. Zum siebten Mal findet das dreitägige „Honk!“-Festival im Oktober in Somerville nördlich von Boston statt. Und immer häufiger machen Gruppen wie die Extra Action Marching Band, das Brass Liberation Orchestra oder die Second Line Social Aid & Pleasure Society Brass Band nun auch einen Tour-Abstecher nach Europa.

Laute Musik braucht keine Elektrizität, lautet die Devise der achtzehnköpfigen What Cheer? Brigade aus Providence, Oklahoma, die jetzt am Montagabend im Hafenklang zu Gast ist. Dass man es hier nicht nur mit einem besonders wüsten und mitunter aggressiven Mix aus Bollywood, Samba, New-Orleans-Brass und Hip-Hop zu tun hat, sondern auch mit einem äußerst gut beleumundeten Vertreter des Genres, macht schon ein Blick auf all die Bands deutlich, mit denen die Brigade in den letzten Jahren unterwegs war: mit dem Noise-Duo Lightning Bolt etwa oder den Indierockern Okkervil River. Und in England kann man die What Cheer? Brigade im September gemeinsam mit den Hip-Hop-Grenzverwischern Sage Francis und B. Dolan erleben. Die sind am Montag leider nicht dabei. Dafür aber Sebastian Reier alias Booty Carrell.

■ Mo, 27. 8., 21 Uhr, Hafenklang, Große Elbstraße 84