brief des tages:
Die Kühnerts dieser Welt
„Keine Angst vor Plan B“, taz vom 9. 12. 19
Aus meiner Beratungsarbeit weiß ich, dass Postulate von befragten Menschen immer dann besonders interessant sind, wenn Absolute vertreten werden. Vielfach sind es die Negativaussagen, wie: „Ich würde nie …“. Aber auch gegenteilige Aussagen wie der Satz von Kevin Kühnert: „Macht ist für mich keine Droge.“ Worum es bei den SPD-Debatten in den letzten Jahren ging, hat Kühnert mit verblüffender Offenheit kundgetan: „Als das Sozialstaatskonzept verabschiedet war, gab es beim Parteitag echte Euphorie. Man konnte an den Gesichtern ablesen, dass da die Last von 16 Jahren Hartz-IV-Debatte abfiel.“
Es geht in der SPD also nicht um die Last der Reformen am Arbeitsmarkt (Hartz IV) für die betroffenen Menschen (dauerhafte Etablierung eines Niedriglohnsektors), es geht um Befindlichkeiten der SPD. Die Folgen dieser neoliberalen Politik für die Menschen darf das Bundesverfassungsgericht beleuchten und den Parteien Lehrstunden in sozialer Gerechtigkeit und Menschenwürde erteilen. Die Kühnerts dieser Welt ficht das nicht an, sie interessieren sich, dass Delegierten die Last von 16 Jahren Debatte genommen wird. Sprache und sprechen kann so aufschlussreich sein. Raimund Schorn-Lichtenthäler, Datteln
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