herr k. macht einen aufguss : Herr Mattila und sein Knecht Doping
Das neue Leichtathletikfest in Helsinki beginnt so, wie das letzte in Athen aufgehört hatte – mit dem beliebten Thema Betrug
Von Berlin nach Helsinki sind es, den Zwischenstopp in Frankfurt sowie die Zeitverschiebung eingerechnet, gute vier Stunden Reisezeit. Man findet hoch über den Wolken Muße, um nachzudenken über die Dinge, die da waren – und natürlich jene, die bei dieser WM der Leichtathleten sein werden. Gewesen ist Athen, und wenn man sich an die Olympischen Spiele bei den netten Griechen zurückerinnert, kommen einem all die Betrügereien in den Sinn, die einem just vor einem Jahr den Spaß am großen Fest vermiest haben. Es waren, das muss man im Rückblick so hinschreiben, Doping-Spiele – und als man wieder nach Hause fuhr, hatte man einen Wunsch: Man möge so etwas nie wieder erleben und berichten müssen.
Nun ist man also in Helsinki angekommen. Das Wetter war zumindest bei der Landung noch schön, die Frauen sind blond und auch sonst gefällt es einem bislang prächtig. Wenn nicht bereits am Samstag, also am offiziell ersten Tag der WM, die üble Nachricht publik geworden wäre, dass Athen gar nicht Vergangenheit ist, sondern mitten in Finnland liegt. Denn noch bevor bei dieser WM ein Meter gerannt, eine Kugel gestoßen oder ein Sprung gehüpft war, hatten die Kollegen von Helsingin Sanomat den ersten Dopingskandal enthüllt. Und wie so oft im Drogengewerbe, waren es nicht etwa die Dopingfahnder, die dem Bösewicht auf die Spur gekommen waren, sondern die Polizei, in diesem speziellen Fall jene aus Finnland, die bei einer Hausdurchsuchung des Diskuswurftrainers Kari Mattila allerlei Verbotenes gefunden hatte, unter anderem Wachstumshormone sowie das männliche Sexualhormon Testosteron. Der finnische Leichtathletik-Verband hat den Bericht der Kollegen bereits als korrekt bestätigt, freilich mit dem Hinweis versehen, dass Mattila schon seit Oktober letzten Jahres nicht mehr für den Verband arbeite, und auch Timo Tompuri, mit 69,62 Meter finnischer Rekordhalter und Teilnehmer bei dieser WM, seitdem nicht mehr von ihm betreut werde. Was diesem, das nur nebenbei, gar nicht zu bekommen scheint, jedenfalls schied Tompuri hier im Vorkampf aus – mit 59,11 Meter.
Aber das spielt nun auch keine große Rolle mehr, das neue Fest hat jedenfalls genau dort begonnen, wo das alte aufgehört hat. Und nicht viel mehr als ein Strohhalm der Hoffnung sind da die rund 900 Dopingtests, die die IAAF, der Internationale Leichtathletik-Verband, rund um diese WM angeordnet hat, was laut Ilkka Kanerva, dem Präsidenten des örtlichen Organisationskomitees, nichts weniger ist als: Weltrekord!
Gut möglich immerhin, dass auch der schon am ersten Tag Wirkung gezeigt hat. Dreisprung-Olympiasiegerin Françoise Mbango Etone aus Kamerun, um die es bereits bei Olympia Irritationen gegeben hatte, sagte ihren WM-Start am Samstag jedenfalls kurzfristig ab, wegen Formschwäche, wie sie wissen ließ. Das US-amerikanische Kugelstoßmonster John Godina, mit einer Saisonbestleistung von prinzipiell verdächtigen 22,20 m angereist, schied im Vorkampf mit für ihn jämmerlichen 19,54 m aus (siehe Bericht auf dieser Seite). Kann sein, dass beide wirklich nicht ihren besten Tag hatten. Kann aber auch sein, dass beide es sich nicht getraut haben, unter Stoff hierher zu fahren, wo doch so viele Kontrollen genommen werden, wie schnell kann man da erwischt werden – und steht als Betrüger da. So wie Kari Mattila, der finnische Diskuswurftrainer. FRANK KETTERER