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Archiv-Artikel

„Es wird sich verlaufen“

Yu Hua ist einer der prominentesten Autoren Chinas und zur Buchmesse eingeladen

Yu Hua

■ 1960 geboren, ist ein einflussreicher Autor. Sein Roman „Brüder“ verkaufte sich in China mehr als eine Million Mal.

taz: Wird die Messe etwas für den Stand chinesischer Literatur in Deutschland bewirken?

Yu Hua: Auf dieser Messe begegnen sich kaum Leser und Autoren. In diesem Jahr wurden mehr chinesische Bücher publiziert als in den fünf Jahren davor. Ob sich die Bücher nach der Messe auch verkaufen werden, ist allerdings fraglich.

Wird es wieder zu Zusammenstößen kommen wie beim von der Messe veranstalteten Symposium „China und die Welt. Wahrnehmung und Wirklichkeit“ im September, wo chinesische Dissidenten erst aus-, dann wieder eingeladen wurden und während der Veranstaltung immer wieder offizielle chinesische Delegationen den Raum verlassen haben?

Was dort konkret abgelaufen ist, weiß ich nicht. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass sich so etwas während der Messe wiederholen wird. Es wird sich eher alles im allgemeinen Gewimmel verlaufen.

Was halten Sie davon, dass Schriftstellerkollegen wie Liao Yiwu nicht einreisen dürfen?

Mir ist völlig unklar, warum er nicht kommen darf. Manche Dinge sind wesentlich komplexer, als man sich das im Westen vorstellen kann. Es ist sogar vorgekommen, dass Schriftsteller mit Absicht darauf hinarbeiten, verboten zu werden. Auf diese Weise erregen sie im Westen mehr Aufmerksamkeit.

Was denken Sie darüber, dass immer wieder Bücher verboten werden, so etwa das Buch „Der Traum meines Großvaters“ Ihres Schriftstellerkollegen Yan Lianke, das gerade auf Deutsch erschienen ist?

Wenn dieses Buch tatsächlich deshalb verboten wurde, weil es den Aidsskandal in der chinesischen Provinz Henan aufgegriffen hat, ist mir das nicht verständlich. Denn ich habe diese Geschichte schon 15 Jahre früher in meinem Buch „Der Mann, der sein Blut verkaufte“ verarbeitet. Ausschnitte aus diesem Buch sind in Schulbüchern aufgenommen worden. Auch in den chinesischen Medien wurde damals ausführlich über diesen Skandal berichtet.

Herrscht in der Zensurbehörde Willkür?

Mir ist bis heute nicht klar, was deren Maßstäbe sind. Mein Buch „Leben“, das vor 17 Jahren veröffentlicht wurde, muss bis heute jedes Jahr wiederaufgelegt werden und wird ebenfalls im Schulunterricht gelesen. Die Verfilmung dieses Buches hingegen ist bis heute verboten. Wenn schon mir das Vorgehen dieser Behörden unergründlich ist, wie unergründlich muss es dann erst auf Ausländer wirken!INTERVIEW: SUSANNE MESSMER