Bei Schilys zu Hause

Bettina Rust hibbelt sich durch die Premiere vom „Talk der Woche“. Statt Gesellschaftspolitik bot die illustre Herrenrunde auf Sat.1 zwar eher Boulevard, doch das war immerhin leidlich unterhaltsam

VON SUSANNE LANG

Smarterweise hat sie es allen einfach gemacht: Wer Bettina Rust nach ihrer Premiere mit ihrem gesellschaftspolitischen „Talk der Woche“ am Sonntagabend einen Gefallen tun möchte, schenkt ihr den erwarteten Verriss. Schließlich wurde sie im Vorfeld nicht müde zu betonen, dass sie die schlimmsten Pannen einkalkuliert habe, und – ganz Medienprofi – sich dessen bewusst sei, dass ein neues Format geradezu zwanghaft zum Schlechtfinden einlädt. Dass das aber dann doch zu einfach wäre, ist das Beste, was sich über diese erste Sendung sagen lässt.

Wer sich mit Bundesinnenminister Otto Schily, Zeit-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo und Allzweckzyniker Harald Schmidt an einen Stammtisch setzt und über die wichtigsten „Talks“ der letzten Woche plaudert, hat als Moderatorin ja schon mal ein gutes Fangnetz gespannt. Irgendwie witzig wird’s schon werden. Originell. Unterhaltsam. Irgendwie war es das auch, immerhin weiß man nun sicher, was alle immer schon ahnten: Bei Schilys zu Hause werden die Schuhe ausgezogen und keine Chips zum Fußball gereicht. Das hat mehr Newswert als so manche Folge der unmittelbaren Konkurrentin von Rust: Sabine Christiansen, die praktischerweise zum Auftakt in der Sommerpause weilte. „Na, jetzt haben Sie Ihre erste Sensation“, wusste diesbezüglich auch Medienprofi Schily.

Gemessen am genuinen Anspruch des Mediums Fernsehen, in allererster Linie zu unterhalten, zumal, wenn es sich wie hier um ein Borderlineformat handelt, dürfte man sich jedoch mehr vom „Talk der Woche“ erwarten. Das Konzept trägt ja durchaus, auch mit einer weniger illustren Dreiherrenrunde, die Rust so schnell wohl sowieso nicht mehr versammeln kann (Premierenbonus). Vier Themen in einer Stunde, drei prominente Gäste, die über Politik (Terror), Sport (Männer und Fußball-Bundesliga) und alles andere, was im Boulevard so anfällt (Merkel, Babymord) parlieren – möglich, dass Sat.1 damit Zuschauer von Sabine Christiansen abholen kann – klugerweise ist der Sendebeginn auf 22.30 Uhr angesetzt, im letzten Drittel Christiansen also, das nur sehr Hartgesottene vor Spannung am Schirm hält. Doch die mauen 6,4 Prozent Marktanteil, die man mit der Premiere einfuhr, dürften nur bei Sat.1 für Aufregung sorgen. Bleibt noch ein anderes Problem, auch wenn dies nun doch ein kleiner Gefallen an Bettina Rust ist: die Moderatorin. Eine, nun ja, übereifrige, mitunter ins Hibbelig-Hysterische driftende Fragestellerin, die jeden noch so kleinen Schlagabtausch unter den Herren abwürgt („Nicht wieder filibustern, Herr Schily!“), wird das Format kaum ausreizen können. Aber bis zur vierten Sendung hat sich Rust wiederum selbst Zeit gegeben. Auch diesen Gefallen tut man ihr gerne.