: „Aus der Schmuddelecke“
Gernot Erler, außenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, misstraut dem Iran, gibt aber zu, dass er sich völkerrechtlich korrekt verhält
taz: Herr Erler, Sie nennen den Iran einen Schurkenstaat. Sind Sie der Falke der SPD-Fraktion?
Gernot Erler: Ich verwende „Schurkenstaat“ nur in Anführungsstrichen. Aber ich mache mir ernsthafte Sorgen, dass der Iran die einmalige Chance nicht nutzt, aus der internationalen Schmuddelecke herauszukommen. Der Iran sollte das Angebot der Europäer nicht ausschlagen. Die Alternative zu dem Paket an wissenschaftlicher und wirtschaftlicher Kooperation wäre bitter.
Sie äußern den Verdacht, dass der Iran die Produkte aus Isfahan zu anderen Zwecken nutzen will. Woher beziehen Sie Ihre Informationen?
Es gibt leider allen Grund für Misstrauen. Der Iran stellt in Isfahan ein Produkt her, das er im Augenblick in Ermangelung eines Atomreaktors gar nicht nutzen kann. Da möchte man doch gerne wissen: Wozu nun die schreckliche Eile, Isfahan wieder anzuwerfen? Und wofür will Iran das dortige Uranhexafluorid nutzen? Für die zivilen Zwecke, die er stets beschwört, wird es auf keinen Fall gebraucht.
Verstößt der Iran wirklich gegen Völkerrecht, mit dem, was er in Isfahan tun will?
Es gibt die Vertragsseite des Atomwaffensperrvertrags und die politische. Gegen rechtliche Verpflichtungen des Vertrags verstößt der Iran in der Tat nicht. Nur kann er nicht plötzlich so tun, als sei der politische Prozess zur Vertrauensbildung, auf den er sich im Pariser Abkommen und in Genf eingelassen hat, nicht existent. Allein der Iran hat es in der Hand, die Isolierung abzuwenden. An den Europäern wird dies nicht scheitern.
Nun sind die Drohungen eines Gernot Erler nicht ganz so wirksam wie die eines Donald Rumsfeld. Was tun?
Irans neuer Präsident Ahmadinedschad tritt mit dem Versprechen an, seinen Landsleuten ein besseres Leben zu ermöglichen. Wie er das in internationaler Isolierung schaffen will, bleibt sein Geheimnis. Und diese wird unzweifelhaft das Ergebnis des Wiederanfahrens der Atomanlage in Isfahan sein – wenn es nicht noch eine Verständigung gibt.
Sehen Sie Chancen dafür?
Nach meinen Informationen hat Iran den Betrieb nicht vollständig angefahren. Das hatte zunächst technische Gründe. Es lässt aber auch hoffen, dass die Tür noch nicht vollends zugeschlagen ist. INTERVIEW: CHRISTIAN FÜLLER