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CDU: Das Parlament sind wir

Der Umgang der Union mit den Parlaments-Ressourcen sorgt für Ärger. Der CDU-Landesverband ließ einen Saal des Abgeordnetenhauses für eine Wahlkampfveranstaltung buchen. Zahlen dürfen dafür die BerlinerInnen

Einen besseren Termin als den 27. Juli hätte Eberhard Diepgen für seine Pressekonferenz kaum finden können. Zwei Tage später begann vor dem Landgericht der Prozess gegen seinen alten Weggefährten, den ehemaligen CDU-Fraktionschef Klaus-Rüdiger Landowsky. Der muss sich wegen seiner Rolle im Berliner Bankenskandal verantworten. Höchste Zeit also für den Ex-Regierenden Diepgen, der mit 63 in den Bundestag einziehen will, sich der Presse als Politiker mit weißer Weste zu präsentieren– gemeinsam mit dem Unions-Bundestagsabgeordneten Peter Rzepka. Doch das ging daneben.

Recherchen der taz deuten darauf hin, dass sich die Unionsleute bei der Planung der Pressekonferenz eines Tricks bedient haben, um Geld zu sparen. Nicht das der Berliner BürgerInnen natürlich, sondern das des CDU-Landesverbands.

Wie der Abgeordnetenhaus-Sprecher Lutz-Rainer Düsing gestern bestätigte, hatte die Unionsfraktion den Raum 388 bei der Hausverwaltung für die Diepgen-Pressekonferenz gebucht. Doch weder Diepgen noch Rzepka sind Mitglied des Parlaments. Auch gegenüber der Presse stellte sich die „Berliner CDU“ als Gastgeber der Veranstaltung vor – also der Landesverband. Das ist der Knackpunkt.

Abgeordnetenhausfraktionen dürfen kostenfrei Räume im Parlamentsgebäude buchen. Nicht in Ordnung ist es aber, wenn Organisationen daraus einen Nutzen ziehen, die nichts mit dem Abgeordnetenhaus zu tun haben. Sie müssen dem Hausherrn Miete zahlen.

Der Abgeordnetenhaus-Sprecher Düsing hält sich mit einem Urteil zurück: „Wenn eine Fraktion einen Raum bestellt, haben wir das nicht zu beurteilen.“ Aber: „Hätte ein Landesverband diesen Raum beantragt, hätte er ihn nicht umsonst bekommen.“ Das Präsidium des Abgeordnetenhauses hat die CDU-Fraktion gestern um eine Stellungnahme gebeten. Über das Ergebnis wollen die Fraktionsgeschäftsführer mit dem Parlamentspräsidium am 31. August beraten.

Aus Sicht von CDU-Fraktionssprecher Michael Thiedemann steckt hinter alledem nur eine einmalige und unüberlegte Planung einer Urlaubsvertretung: „Das alles ist unter widrigen Umständen passiert.“ Über den Umgang mit Parlaments-Ressourcen wundert sich auch der Geschäftsführer der Grünen-Fraktion, Reiner Felsberg: „Es ist erstaunlich, dass Parteien auf Steuerzahler-Kosten Wahlkampfveranstaltungen abhalten.“

Die Grenzen zwischen Fraktions- und Parteiveranstaltung lassen sich auch eleganter verwischen. Am Freitag veranstaltete die Union wieder eine Pressekonferenz in einem von der Fraktion gemieteten Parlamentsraum. Mit dabei: ihr Bundestagsabgeordneter Roland Gewalt und Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm. Doch offizieller Gastgeber war das Abgeordnetenhaus-Mitglied Frank Henkel. MATTHIAS LOHRE

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